Herr Dr. Drost, wie unterstützt das IFZO die Bekämpfung des Klimawandels?
Mit Erkenntnissen zum kulturellen und gesellschaftlichen Wandel! Die empirischen Daten zum Klimawandel, die steigenden Temperaturen, die Schmelze der Pole, der Anstieg des Wasserspiegels und die sich daraus ergebenden Probleme müssen verstanden werden. Hierfür sind zunächst sinnstiftende Prozesse wie erzählen, berichten und beschreiben notwendig, die helfen, das Problem zu verstehen.
Und hier kommen die Geistes- uns Sozialwissenschaften in Spiel, richtig?
Ja, sie tragen wesentlich dazu bei. Denn: Erst wenn das Problem wirklich verstanden wurde, entwickelt sich auch ein Wille, es zu lösen. Das heißt: Es wurde beispielsweise verstanden, dass CO2 einzusparen hilft, den Temperaturanstieg zu verringern oder dass das Verbrennen fossiler Brennstoffe und das Trockenlegen von Mooren durch die Freisetzung von CO2 den Temperaturanstieg erhöht. Das Verstehen ist aber erst ein Schritt auf dem Weg zur Veränderung und noch kein Garant, dass sich etwas ändert.
Wie sieht der nächste Schritt hin zur Veränderung, zur Lösung aus?
Am IFZO wollen wir Möglichkeiten zur Veränderung und natürlich die Veränderungen selbst untersuchen. Wir fragen, welches Wissen man braucht und wie daraus ein praktischer Beitrag zum Klimaschutz entstehen kann. Wir fragen insbesondere auch danach, wo die Schwierigkeiten, Trägheiten aber auch Beschleuniger in Veränderungsprozessen liegen.
Könnten Sie das bitte konkretisieren?
Kulturelle Eigenheiten und gesellschaftlich bedingte Verhaltensweisen stellen eine große Herausforderung für Veränderungsprozesse dar. Fakten werden beispielsweise von Kultur zu Kultur unterschiedlich rezipiert. Diese Interpretationen können Prozesse behindern. Auch politische oder wirtschaftliche Strategien können je nach Fokus und Zielrichtung Prozesse aufhalten oder sogar umkehren. Daher müssen wir kulturelle und gesellschaftliche Verhandlungs- und Aneignungsprozesse in den Blick nehmen, um zu verstehen, wie man Menschen dazu befähigt, das Klima zu schützen.
Wie kann es gelingen, die Menschen dazu zu befähigen?
Wir müssen die Kompetenzen und das Verständnis stärken. Und das gelingt am besten durch Anknüpfungspunkte und Unmittelbarkeit zu gelebten Verhaltensweisen. Das heißt, wir fokussieren insbesondere auf Prozesse an der Ostsee und den damit verbundenen Landschaften, natürlich auch auf Repräsentationen dieser Landschaften. Anhand dieser Beispiele versuchen wir aufzuzeigen, wie Veränderung von Wahrnehmungen und Aktivitäten auch Wirkung zeigen kann. Bei Mooren muss man zum Beispiel die zunächst einmal tradierte und oft literarisch und künstlerisch entworfene Schaurigkeit von Moorlandschaften revidieren und das Moor in eine wertvolle Landschaft, die es zu erhalten gilt, umwandeln. Man muss Landwirten und Lokalunternehmern aufzeigen, wie die wirtschaftliche Nutzung ohne Trockenlegung aussehen kann. Alle diese Vorhaben sind eng mit dem Wandel eingeübter und überlieferter kulturell bedingter Verhaltensweisen, Ökonomien und Ökologien verbunden, deren Komplexität nicht einfach mit reinem Faktenwissen zu ändern ist.
Herr Dr. Drost, herzlichen Dank für das Interview! Wir wünschen viel Erfolg für das IFZO.