Neues Käte Hamburger Kolleg „Einheit & Vielfalt im Recht“ in Münster

Internationale Schiedsgerichte, EU-Richtlinien oder religiöse Sonderrechte – so uneinheitlich uns Recht heute erscheint, so vielfältig war es die meiste Zeit in der Geschichte. Was Rechtsvielfalt für Gesellschaften im Wandel bedeutet, untersucht seit Juni ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes KHK an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Vorstellung, eine Gesellschaft oder Nation müsse über ein einheitliches Rechtssystem verfügen, relativ jung ist – und in der Praxis ohnehin meist die Ausnahme blieb. Viel häufiger existierten nicht nur unterschiedliche Normen und Rechtsordnungen nebeneinander, auch Gerichtsformen, Zuständigkeiten und Verfahrenspraktiken standen oftmals in Konkurrenz. Zugleich gab es zu jeder Zeit Bemühungen, Recht zu vereinheitlichen, etwa in umfangreichen Kodifikationen. Das neue Käte Hamburger Kolleg (KHK) „Einheit & Vielfalt im Recht“vermisst diese spannungsreiche Dynamik aus einer genuin historischen Perspektive.

Wichtigstes Ziel ist dabei die Eröffnung neuer, auch ungewöhnlicher Einsichten in das Verhältnis von Recht und Gesellschaft, nicht zuletzt vor dem Hintergrund kultureller Diversität. So lassen sich heute wahrnehmbare Tendenzen zu einer unübersichtlichen Pluralisierung des Rechts besser verstehen, wenn man sich mit ihren historischen Vorläufern befasst. Auf lange Sicht erscheint Rechtsvielfalt dann als Normalfall, der nicht nur stabilisierende Effekte für die jeweilige Gesellschaft, sondern auch Vorteile für den Einzelnen mit sich bringen konnte.

Gemeinsam mit Fellows aus der ganzen Welt erforscht das Münsteraner Kolleg unter der Leitung der Historikerin Prof. Dr. Ulrike Ludwig und des Rechtshistorikers Prof. Dr. Peter Oestmann das Thema dezidiert fächerübergreifend. Neben den (rechts-)historischen Disziplinen sind im Fellow-Programm auch Ethnologie und Soziologie, die Theologien und Literaturwissenschaften sowie Judaistik und Islamwissenschaften beteiligt. In der gemeinsamen Arbeit sollen Modelle zur Beschreibung und Analyse des Zusammenhangs zwischen Einheit und Vielfalt im Recht entwickelt und diskutiert werden.

Für dieses Vorhaben bietet sich das Format der Käte Hamburger Kollegs geradezu an. Neben interdisziplinärem Austausch setzt man in Münster auf innovative Arbeits-und Vernetzungsformen in einer Atmosphäre wissenschaftlicher Freiheit. Die neuen Ideen, die hier in den kommenden Jahren entstehen werden, sollen die Forschung voranbringen und zugleich über öffentliche Vorlesungsreihen, Ausstellungen und Transferprojekte in den gesellschaftlichen Diskurs einfließen.

Weiterführende Informationen zum Käte Hamburger Kolleg „Einheit & Vielfalt im Recht“ finden sich unter www.evir-muenster.de.


Autor: Lennart Pieper