Titel: Hegel und Hölderlin heute
Datum: 09.12.2020
Veranstaltungstyp: Sonstige
Veranstaltungskategorie: BMBF
Veranstalter: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL)
Ort: Online
Mehr über die Veranstaltung:
Vorträge von Daniela Danz (Schriftstellerin, Kranichfeld) und Klaus Vieweg (Jena) sowie einer Podiumsdiskussion gemeinsam mit Patrick Eiden-Offe (ZfL) und Martin Sabrow (ZZF Potsdam), moderiert von Eva Geulen (ZfL).
Die Vorträge und das Gespräch werden am 9. Dezember 2020 im ZfL aufgezeichnet und in der Folgewoche auf der Webseite des ZfL und seinem Youtube-Kanal online gestellt.
Was haben Hölderlin und Hegel heute noch oder wieder mit uns zu tun?
Gewiss immer noch virulent ist die Frage nach dem Verhältnis von Literatur und Philosophie. Man macht es sich zu einfach, wenn man dem einen die Literatur zuweist und dem anderen die Philosophie. Denn Hölderlin war aller Wahrscheinlichkeit nach der Autor des Ältesten Systemprogramms des deutschen Idealismus, und die Frage nach der Rolle des Dichters im Gemeinwesen und der Geschichte war für ihn von philosophischem Rang. Hegels Vorlesungen zur Ästhetik (bzw. deren verschiedene Mitschriften) wie die Phänomenologie des Geistes räumen der Kunst enorme Bedeutung für den Verlauf der Geschichte ein und ihre zum Teil sehr ausführlichen Abhandlungen verraten neben Kenntnissen auch Sensibilitäten (übrigens auch einen Faible für populäre Genres).
Bei Hegels und Hölderlins Naturverständnis zeichnen sich dagegen deutliche Differenzen ab. Hegel schloss das Naturschöne aus der Ästhetik aus. Für Hölderlin ist die Natur nicht das Andere des Geistes, sondern eins seiner vornehmsten Produkte. Da ist uns Hölderlin heute gewiss näher als Hegel.
Lokal und Global: Hegel und Hölderlin haben in der schwäbischen Provinz angefangen. Der eine lehrte schließlich in Berlin, der andere kehrte nach Tübingen zurück. Beide haben Entwürfe entwickelt, die ins Weltgeschichtliche ausgreifen. Ihre Geschichtsphilosophien haben globale Dimensionen.
Gibt es hier nach den vielen Verabschiedungen der Geschichtsphilosophie (O. Marquard) für uns überhaupt noch Anknüpfungspunkte? Oder ist uns seit einiger Zeit neu zu Bewusstsein gekommen, dass Lokales und Globales unmittelbar zusammenhängen und das ›Schwerste der Gebrauch des Eigenen‹ ist (Hölderlin an Böhlendorff 1801)?
Das führt zu Fragen ihres Politikverständnisses. Einem inzwischen geflügelten Wort zufolge sah Hegel in Napoleon den Weltgeist zu Pferde und wurde im Übrigen zum Philosophen des preußischen Staates. Hölderlins ›vaterländische Gesänge‹ waren in den Weltkriegen populär. Begonnen haben beide mit Begeisterung für die Französische Revolution. Können wir mit dem, was die beiden zur Revolution, zu Staat, Nation und Gemeinschaft sagen, heute noch oder wieder etwas anfangen?