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Interdisziplinäre Forschung (kurz: ID) wird zunehmend durch das Bereitstellen von Fördergeldern und das Einrichten von Organisationseinheiten gefördert. Die Auswertung von 35 leitfadengestützten qualitativen Interviews mit Forschenden in fünf deutschen Forschungsinstituten und fünf Universitäten zeigt, dass viele Wissenschaftler/innen positiv gegenüber ID eingestellt sind und interdisziplinär arbeiten möchten. Der individuellen Motivation und dem (wissenschafts-) politischen Förderwillen stehen jedoch Hürden gegenüber: Karrierewege, Veröffentlichungspraktiken und die Bewertung von Forschung werden primär von monodisziplinären Kriterien geprägt. Die Effektivität von Maßnahmen zur Förderung von Interdisziplinarität wird somit eingeschränkt. Auf der Grundlage des Forschungsprojekts "Interdisziplinarität und Forschungskreativität", das die zunehmende Förderung von formalen ID-Strukturen mit den tatsächlichen Forschungspraktiken vergleicht, zeigen wir, durch welche Maßnahmen Interdisziplinarität effektiver als bisher strukturell im Wissenschaftssystem verankert werden kann. Auf Basis unserer Interviews mit Forschenden auf allen Stufen der Karriere in interdisziplinären Organisationseinheiten in deutschen Forschungseinrichtungen und Universitäten eröffnen wir Wissenschaftler/innen, Wissenschaftsmanager/innen und (wissenschafts-) politischen Entscheidungsträger/innen in 20 Handlungsempfehlungen neue Wege zur Überwindung der Hürden interdisziplinären Forschens. Diese Ergebnisse konnten in zwei Fokusgruppen-Workshops mit je 20 Teilnehmenden validiert werden. Zu den wichtigsten Strategien zählen die Institutionalisierung interdisziplinärer Karrierepfade, die Errichtung von ID-Labs in Forschungsinstituten, eine Verankerung interdisziplinärer Sektionen in hochrangigen Fachzeitschriften, eine stärkere Gewichtung interdisziplinärer Kriterien bei der Forschungsbewertung und die Gewährleistung längerer Qualifikationsphasen. Fünf Good Practice Beispiele veranschaulichen unsere Empfehlungen.