Bildung: Historisches Lernen in der deutschen Migrationsgesellschaft
Wie verändert sich der Umgang mit Geschichte? Wie lassen sich die Themen Migration, Vielfalt und Diversität zum Gegenstand von historischer Bildungsarbeit machen? Das Verbundprojekt „Geschichten in Bewegung: Erinnerungspraktiken, Geschichtskulturen und historisches Lernen in der deutschen Migrationsgesellschaft“ gibt Impulse für die zukünftige Bildungsarbeit.
Hinterlassen Sie uns unter diesem Artikel Ihr Feedback gerne in einem Kommentar!
Im Interview die Projektleitungen Professorin Dr. Viola Georgi, Professor Dr. Martin Lücke, Professor Dr. Johannes Meyer-Hamme sowie Professorin Dr. Riem Spielhaus
Historische Ereignisse – und die Erinnerung daran – werden in Migrationsgesellschaften unterschiedlich wahrgenommen. Mit Ihrem Projekt untersuchen Sie den Wandel der Geschichts- und Erinnerungskultur empirisch. Welches Forschungsergebnis hat Sie am meisten überrascht und was folgt daraus?
Überrascht hat uns, dass fast allen Beteiligten deutlich bewusst ist, dass Migration für die historische Bildungsarbeit ein relevantes Thema ist – und dass fast alle, die wir in unseren Interviews befragt haben, ihre Bildungsarbeit daran ausrichten möchten oder doch zumindest angeben, dass sie das wohl müssen. Die Vermittlung von ‚klassischer‘ deutscher Nationalgeschichte allein sehen nur noch die wenigsten als den geeigneten zentralen Inhalt von historischer Bildungsarbeit an. Was stattdessen eine Alternative sein kann, bleibt bei den Beteiligten eher offen. Beobachtbar ist zumindest das Bedürfnis, Diversität in der Bildungspraxis sowie in den Bildungs- und Kulturinstitutionen selbst stärker zu thematisieren. Auch von diversitätssensibler Öffnung, Beteiligung neuer Akteurinnen und Akteure am Erinnerungsdiskurs und notwendigen Aushandlungsprozessen ist die Rede.
Mit Ihrem Projekt haben Sie wichtige Impulse für die Bildungspraxis gesetzt. Bitte geben Sie uns ein Beispiel.
Die Befunde der empirischen Forschung und der Austausch mit Praxispartnerinnen und -partnern des Projekts dienten uns als Basis für die Entwicklung und Ausarbeitung von neuen Konzepten und Zugängen für eine reflektierte Beteiligung an Geschichts- und Erinnerungskultur. Dabei wird Geschichtsunterricht als Einführung in und Reflexion von Geschichtskultur und der darin hervorgebrachten historischen Identitäten konzipiert. Wenn zum Beispiel geschichtskulturelle Debatten explizit zum Thema werden, erhalten die Lernenden die Möglichkeit, sich darin zu positionieren. So entstanden sechs Konzepte für den Unterricht, die auf der Lehr- und Lernmittelplattform „Zwischentöne – Materialien für Vielfalt im Klassenzimmer“ (www.zwischentoene.info) verfügbar sind.
Welche Transferaktivitäten haben Sie mit Ihren Praxispartnern umgesetzt?
Mit unseren Praxispartnerinnen und -partnern haben wir als erstes über den Zuschnitt unserer empirischen Forschung diskutiert, sie also um ihre Meinungen zur Tragfähigkeit unserer Forschungsfragen im Feld gebeten. Unsere Ergebnisse haben wir ebenfalls mit ihnen diskutiert und beraten, welche Schlussfolgerungen wir gemeinsam für die Bildungspraxis ziehen können. Dabei spielten die spezifischen Rahmenbedingungen, der von uns untersuchten Handlungsfelder eine große Rolle. Museen, Gedenkstätten, Schulen, non-formale Bildungsprojekte und Bildungsmedienverlage hatten hier unterschiedliche Bedarfe, die es zu berücksichtigen galt. In den Praxiswerkstätten haben wir diese sichtbar gemacht und bearbeitet, sodass wir wichtige Impulse für die Organisationsentwicklung und Vermittlungspraxis geben konnten. Die Ergebnisse unserer Forschung fließen in die Veranstaltungen der ersten und dritten Phase der Bildung von Lehrkräften ein.
Prof. Dr. Viola Georgi, Professur für Diversity Education, Direktorin des Zentrums für Bildungsintegration -- Diversität und Demokratie in Migrationsgesellschaften an der Stiftung Universität Hildesheim
Prof. Dr. Martin Lücke, Professur Didaktik der Geschichte, am Friedrich-Meinecke-Institut an der Freien Universität Berlin
Prof. Dr. Johannes Meyer-Hamme, Professor für Theorie und Didaktik der Geschichte an der Universität Paderborn
Prof. Dr. Riem Spielhaus, Professorin für Islamwissenschaft mit dem Schwerpunkt Bildung und Wissenskulturen an der Georg-August-Universität Göttingen und Leiterin der Abteilung Schulbuch und Gesellschaft am Georg-Eckert-Institut - Leibniz-Institut für internationale Schulbuchforschung, Braunschweig
Im Projekt entstanden mehrere Unterrichtsmaterialien, die in der Werkstatt im November 2020 vorgestellt und mit den Praxispartnerinnen und -partnern diskutiert wurden. Anlässlich der Abschlusskonferenz im März 2021 gingen sie online.
Im Rahmen der Abschlusskonferenz entstanden vier Videos, unter anderem eines mit Stimmen zum Projekt aus dem Kreis der Praxispartnerinnen und Praxispartner. Link zu Youtube
Kommentare (0)
Wir bitten um Ihre Mithilfe!
Um diese Website bestmöglich an Ihrem Bedarf auszurichten, nutzen wir Cookies und den Webanalysedienst Matomo, der uns zeigt, welche Seiten besonders oft besucht werden. Ihr Besuch wird von der Webanalyse derzeit nicht erfasst. Sie können uns aber helfen, indem Sie hier entscheiden, dass Ihr Besuch auf unseren Seiten anonymisiert mitgezählt werden darf. Die Webanalyse verbessert unsere Möglichkeiten, unseren Internetauftritt im Sinne unserer Nutzerinnen und Nutzer weiter zu optimieren. Es werden keine Daten an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen hierzu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.