Forschung zu Rechtsextremismus- und Rassismus
Durch Rechtsextremismus und Rassismus werden die freiheitliche Demokratie und der gesellschaftliche Zusammenhalt in höchstem Maße gefährdet.
Durch Rechtsextremismus und Rassismus werden die freiheitliche Demokratie und der gesellschaftliche Zusammenhalt in höchstem Maße gefährdet.
Die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Bundesregierung hat dies mit der Einrichtung des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus im März 2020 unterstrichen. Um die Ursachen, Funktionsweisen und Dynamiken dieser Phänomene zu verstehen, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderrichtlinie „Aktuelle und historische Dynamiken von Rechtsextremismus und Rassismus“ Einzel- und Verbundvorhaben an Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen in ganz Deutschland. Diese Vorhaben forschen unter anderem zu den Themen „Rassismus in der Justiz“, „Rassismus im Gesundheitswesen“, „Rassismus in der Schule“, „Wirkung von Verboten gegen rechtsextreme Vereinigungen“, rechtsextremen Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft, Verschwörungsideologien und zu regionalen wie lokalen Ausprägungen von Rechtsextremismus.
Mit den Forschungsergebnissen und daraus generierten Handlungsempfehlungen soll eine Grundlage geschaffen werden, dem Rechtsextremismus und Rassismus angemessen zu begegnen. Die Forschungsprojekte werden durch zwei Wissensnetzwerke begleitet, das Wissensnetzwerk Rechtsextremismusforschung (Wi-Rex) und das Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa), die Vernetzungsmaßnahmen durchführen und die Forschungsbereiche einer breiten Öffentlichkeit vermitteln.
Zuwendungsempfänger: Universität Bielefeld, Universität Leipzig, Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ), Hochschule Niederrhein University of Applied Sciences
Projektleitung: Prof. Dr. Andreas Zick
Das Wissensnetzwerk Rechtsextremismus (Wi-REX) systematisiert das Wissen über das Phänomen Rechtsextremismus, es bringt Akteurinnen und Akteure in Austausch, organisiert den Praxistransfer sowie die Early-Career-Förderung und stärkt somit die Rechtsextremismusforschung insgesamt. Beteiligt sind folgende wissenschaftliche Einrichtungen: IKG der Universität Bielefeld, KReDo der Universität Leipzig, IDZ Jena und SO.CON der Hochschule Niederrhein.
Zuwendungsempfänger: Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung e.V., Universität Bielefeld, Universität Mannheim, Hochschule Magdeburg-Stendal (FH), Bucerius Law School Hochschule für Rechtswissenschaft gemeinnützige GmbH
Projektleitung: Dr. Aisha-Nusrat Ahmad
Die Attentate von Hanau und Halle haben gezeigt, wie wichtig es ist, entschlossen gegen Rassismus und Rechtsextremismus vorzugehen und die Forschung zu diesen Themen stärker zu fördern, auszubauen und in der Hochschullandschaft zu verankern. Vor diesem Hintergrund soll das Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa) durch einen forschungsgeleiteten, interdisziplinären Austausch die verstreute und fragmentierte Rassismusforschung in Deutschland miteinander vernetzen und strategisch stärken. Inhaltliche wie methodische Fragen nehmen zentralen Raum innerhalb des Wissensnetzwerks ein, das darüber hinaus Strategien für einen Ausbau der Forschungsinfrastruktur für die Rassismusforschung formulieren will. Das Netzwerk soll zudem als Ansprechpartner für Politik, Zivilgesellschaft, Medien und Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. WinRa wird für eine Laufzeit von fünf Jahren vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und ist als Verbundprojekt konzipiert, welches neben einer Gesamtkoordination und Leitung am DeZIM-Institut in Berlin aus vier Regionalnetzwerken besteht, die an der Universität Bielefeld/Leuphana Universität Lüneburg (Netzwerk West), der Universität Mannheim/Universität Bayreuth (Netzwerk Süd), der Hochschule Magdeburg-Stendal/ Humboldt-Universität zu Berlin (Netzwerk Ost) sowie der Bucerius Law School Hamburg/Universität Hamburg (Netzwerk Nord) etabliert werden.
Zuwendungsempfänger: Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Hochschule Düsseldorf
Projektleitung: Prof. Dr. Christoph Kopke
Das Forschungsprojekt untersucht die Wirkungen von Verboten rechtsextremer Vereinigungen. Drei Zielsetzungen: Erstens die Rekonstruktion der Abwägungs- und Arbeitsprozesse innerhalb der verbietenden Behörden, zweitens die Erforschung intendierter und nicht intendierter Wirkungen von Vereinsverboten und schließlich soll unter Berücksichtigung der aus der empirischen Forschung gewonnenen Erkenntnisse eine Modellbildung erfolgen.
Zuwendungsempfänger: Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg
Projektleitung: Prof. Dr. Thomas Großbölting
Das Vorhaben fragt danach, wie im urbanen Kontext Hamburgs auf Demonstrationen, Anschläge und Morde reagiert wurde. Dies wird anhand des Gewalt- und Aktionshandelns von rechtsextremen Kreisen in Hamburg im Zeitraum von 1945 bis in die 2000er Jahre untersucht. Dabei richtet das Vorhaben den Blick auf drei politische Kontexte: erstens auf staatliche Organe wie Polizei, Verfassungsschutz und Justiz, zweitens auf zivilgesellschaftliche Akteure wie Gewerkschaften, Betroffenengruppen, Bildungseinrichtungen sowie die Politik im Sinne von Parteien und Parlamenten und drittens auf das rechtsextreme Milieu, vor allem auf deren Publizistik, auf Gruppen und Parteien.
Webseite "Rechte Gewalt in Hamburg seit 1945"
Zuwendungsempfänger: Hochschule Niederrhein University of Applied Sciences
Projektleitung: Prof. Dr. Beate Küpper
Das Vorhaben fokussiert auf zivilgesellschaftlichen Initiativen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Feld der Demokratiearbeit. Ziele sind die systematische Erhebung und Analyse der Bedrohung zivilgesellschaftlicher Demokratieakteure sowie die gemeinsame Entwicklung von Handlungsstrategien. In die Analyse einbezogen werden die individuelle, institutionelle und strukturelle Ebene. Untersucht werden die Art der Bedrohung, der Umgang damit und ihre Folgen, Einschätzungen und Bedarfe, zudem der Einfluss von Arbeits- und Rahmenbedingungen.
Zuwendungsempfänger: Universität Kassel, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH
Projektleitung: Prof. Dr. Wolfgang Schröder
Gesamtziel des Vorhabens ist es, die Handlungsfähigkeit der Zivilgesellschaft gegen rechte Interventionen zu erhöhen und zu eruieren, welche Unterstützung zivilgesellschaftliche Akteure dabei benötigen. Das Verbundvorhaben fokussiert dabei auf drei Themenkomplexe. Erstens werden die Entstehungskontexte rechter Aktivitäten aufgeschlüsselt und die Entstehungsbedingungen rechter Dynamiken in organisierten zivilgesellschaftlichen Räumen konzeptualisiert. Zweitens werden die bisherigen zivilgesellschaftlichen Reaktionen analysiert, systematisiert und evaluiert. Abschließend werden drittens Handlungsempfehlungen im Sinne einer resilienten Bewältigungsstrategie abgeleitet. Das Verbundvorhaben nutzt ein vergleichendes Mixed-Method-Design (ein historischer Zugang wird kombiniert mit qualitativen Fallstudien und Inhaltsanalysen von Social Media-Kommunikation) und untersucht acht Organisationsbereiche (Arbeitswelt, Religion, Wohlfahrt, Freiwillige Feuerwehr, Schützenwesen, Naturschutz, Kultur und Sport).
Zuwendungsempfänger: Drudel 11 e.V., Technische Universität Berlin (Zentrum für Antisemitismusforschung)
Projektleitung: Dr. Andreas Prokop
Ziel des Projekts "deras_on" ist die Entwicklung und Erstellung von wissenschaftlich fundierten Online-Angeboten zur Deradikalisierung von Personen, die in Online-Foren antisemitische Codes verwenden. Grundlegend dabei ist ein vertieftes Verständnis einschlägiger Online-Foren, der dort verwendeten Sprachmuster sowie der sozialen Dynamiken der Userinnen und User. Das Projekt wird durch die Verbundpartner Drudel 11 e.V. in Kooperation mit dem Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin (Forschungsprojekt "Decoding Antisemitism") durchgeführt. Drudel 11 e.V. übernimmt die Entwicklung einer adäquaten Online-Ansprache und die entsprechende Online-Sozialarbeit.
Zuwendungsempfänger: Frankfurt University of Applied Sciences, Justus-Liebig-Universität Gießen, Dissens - Institut für Bildung und Forschung e. V., Philipps-Universität Marburg
Projektleitung: Prof. Dr. Michaela Köttig
Das Verbundvorhaben verfolgt die übergeordneten Ziele, die Wechselwirkungen zwischen rechtsextremen Akteurinnen und Akteuren sowie zeitgenössischen gesellschaftlichen Geschlechterverhältnissen zu untersuchen, als auch zu analysieren, wie extrem rechte und regressiv-neoliberale geschlechtsbezogene Deutungsangebote in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung um Geschlechterverhältnisse wirken und wahrgenommen werden.
Zuwendungsempfänger: Technische Hochschule Köln, Universität zu Köln
Projektleitungsteam: Prof.‘in Dr. Schahrzad Farrokhzad, Prof.‘in Dr. Birgit Jagusch, Prof.‘in Dr. Gudrun Hentges
Verschwörungsideologien als integraler Bestandteil von extrem rechten bzw. völkisch-autoritären Weltbildern und solchen, die daran anschlussfähig sind, tragen zu Radikalisierungsprozessen in wachsenden Teilen der Bevölkerung bei. Dadurch ist der gesellschaftliche Zusammenhalt bis auf die gesellschaftliche Mikroebene des sozialen Nahraums betroffen und gefährdet. Eine systematische Erforschung der konkreten Auswirkungen von Verschwörungsideologien auf zwischenmenschliche Beziehungen im sozialen Nahraum (u.a. Familie, Freundeskreis) steht noch aus. Aus den Auswirkungen von Verschwörungsnarrativen auf Betroffene, die Verschwörungsgsanhänger*innen in ihrem sozialen Nahraum haben, resultieren spezifische Anforderungen für Beratungsstellen und nonformale politische Bildungsangebote.
Zu den Zielen des Projekts „RaisoN“ gehören die Erforschung der Auswirkungen von völkisch-autoritär orientierten Verschwörungsideologien auf den sozialen Nahraum, die Identifikation von Bildungs- und Beratungsbedarfen und die Entwicklung von Materialien für die Bildungs- und Beratungspraxis.
Zuwendungsempfänger: Friedrich-Schiller-Universität Jena
Projektleitung: Dr. Peter Bescherer
Das Forschungsvorhaben untersucht gewerkschaftliches und nachbarschaftliches "Organizing" als Mittel der Auseinandersetzung mit Alltagsrassismus. Mithilfe von Methoden der rekonstruktiven Sozialforschung (qualitative Interviews, Ethnografie, aktivistische Forschung) soll SONAR rekonstruieren, wie Teile der organisierten Beschäftigten und Mieterinnen sowie Mietern ihre prekäre Arbeits- und/oder Wohnsituation unter Rückgriff auf Alltagsrassismus und rechten Populismus deuten.
Zuwendungsempfänger: Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Ernst-Abbe-Hochschule Jena
Projektleitung: Dr. Nora Hettich-Damm
Erfahrungen rassistischer Diskriminierung von Black Indigenous People of Color (BIPoC) im Zusammenhang mit psychischer Gesundheit und Gesundheitsversorgung sind drängende gesellschaftliche Herausforderungen, die in Deutschland bisher kaum wissenschaftlich untersucht wurden. In enger Kooperation mit Praxisorganisationen, die das Projekt durch anti-rassistische Beratung unterstützen, untersucht das interdisziplinäre Vorhaben den Zusammenhang von Rassismuserfahrungen und psychischen Belastungen. Zudem werden die Zugangswege von BIPoC zu psychotherapeutischer Versorgung getestet und deren Behandlungserfahrungen analysiert.
Zuwendungsempfänger: Hochschule Fulda - University of Applied Sciences, Alice-Salomon-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin, Private Universität Witten/Herdecke
Projektleitung: Prof. Dr. Regina Brunnett
Im Mittelpunkt des Projekts stehen Rassismen in der Gesundheitsversorgung unter exemplarischer Berücksichtigung stationärer Akutversorgung und Rehabilitation. Im Projekt werden Rassismen aus Perspektive der Betroffenen und Institutionen untersucht. Dabei werden Zuschreibungen von Gesundheitspersonal sowie der Umgang mit Rassismus in den Institutionen erforscht. Ziel ist es, von diesen Erkenntnissen ausgehend organisationsbezogene Veränderungen anzustoßen.
Zuwendungsempfänger: Universität Heidelberg, Pädagogische Hochschule Heidelberg
Projektleitung: Prof. Dr. Michael Haus
Das interdisziplinäre Forschungs- und Transfervorhaben verbindet die Analyse antiziganistischer Repräsentationen in den Medienbereichen Literatur (mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur), Film und öffentliche Berichterstattung mit einer empirisch fundierten und an den Konzepten einer Critical Media Literacy sowie einer rassismuskritischen Professionalisierung orientierten Entwicklung digitaler Lern-Tools für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung.
Zuwendungsempfänger: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt
Projektleitung: Dr. Michael Hecht
In der Geschichtswissenschaft gilt es als unbestritten, dass die Sicherheitsorgane der DDR unter dem Deckmantel des Antifaschismus Rechtsextremismus und Rassismus ignorierten und verschwiegen. Das Projekt fragt erstmals nach den Ursachen, indem es den institutionellen Rassismus in den Sicherheitsbehörden selbst in den Blick nimmt. Anhand einer Fallstudie zu den Bezirken Magdeburg und Halle lenkt es den Fokus von einzelnen rassistischen Ausschreitungen und deren (Nicht-)Beobachtung durch die Sicherheitsorgane der DDR auf die Organisationen selbst und ihren lokal und regional wirksamen "banal racism".
Zuwendungsempfänger: Evangelische Hochschule Berlin
Projektleitung: Prof.in Dr.in Juliane Karakayali
„ORAS“ untersucht, welche Verfahrensweisen Schulen entwickeln, um mit Beschwerden über Rassismus umzugehen. Da davon auszugehen ist, dass hier bisher kaum formalisierte Abläufe etabliert wurden, soll mit der Theorie und Methodik der dokumentarischen Organisationsforschung die Handlungspraxis der Mitglieder der Organisation Schule (durch Gruppendiskussionen mit Schulleitung, Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern) rekonstruiert und das darin zum Ausdruck kommende konjunktive Wissen über Rassismus erhoben werden. Mit einer relationalen Mehrebenanalyse, die auch schulinterne Dokumente über den Umgang mit Rassismus einbezieht, wird eine Typologie von Umgangsweisen mit Beschwerden über Rassismus erstellt. Die Untersuchung wird an Gymnasien und Sekundarschulen in Berlin und Leipzig durchgeführt.
Zuwendungsempfänger: Universität Bielefeld
Projektleitung: Prof. Dr. Paul Mecheril
In dem Forschungsprojekt werden historische Dynamiken, Diskurse und Formen von Rassismus in Deutschland sowie seine Nachwirkungen in der Gegenwart untersucht. Anhand von biographisch-narrativen Interviews und Gruppendiskussionen mit rassismuserfahrenen Personen sowie einer Kontextualisierung der Angaben mithilfe zeitgeschichtlicher Dokumente soll erhoben werden, welche Erfahrungen und kollektiv geteilten Wissensbestände von Schwarzen Menschen, People of Color, Sintizze und Romn:ja und sich als migrantisch verstehenden Menschen als Wissen über Rassismus in Deutschland auffindbar sind.
Zuwendungsempfänger: Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Freie Universität Berlin
Projektleitung: Prof.in Dr.in Karin Scherschel
Das Vorhaben erforscht die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Initiativen für die öffentliche Erinnerungskultur. Es analysiert empirisch vergleichend lokale zivilgesellschaftliche Erinnerungsarbeit in drei Aktivitätsfeldern: Nationalsozialismus, Kolonialismus, postnationalsozialistische Gewalt. Solche Initiativen hinterfragen durch die Aufarbeitung (historischer) Gewaltverhältnisse aktuelle Wissensproduktionen über Rassismus und Antisemitismus. Die zentrale These lautet: Zivilgesellschaftliche Initiativen wenden nicht bloß nationale Politiken lokal an, sondern entwickeln eine unabhängig-eigeninitiative Agency, die vernachlässigte Perspektiven öffentlich thematisiert und Diskurse bottom-up mitgestaltet.
Zuwendungsempfänger: Universität zu Köln, Justice Collective e. V.
Projektleitung: Dr.in Nicole Bögelein
"Justiz und Institutioneller Rassismus – Phänomen, Erscheinungsformen, Intervention (JuRa)" ist ein interdisziplinäres Projekt aus den Bereichen Soziologie und Recht. Die Studie fokussiert darauf, wie Gerichte in der Praxis der Rechtsanwendung institutionellen Rassismus performieren und manifestieren. Man spricht von institutionellem Rassismus. Ziel des Vorhabens ist es, konkrete Erscheinungsformen und Praktiken von institutionellem Rassismus im Justizsystem zu identifizieren. Dazu werden Gerichtsbeobachtungen, Gruppendiskussionen mit Justizakteuren und Interviews mit Menschen mit Rassismuserfahrung durchgeführt. Die Beobachtungen werden auf das Massendelikt Diebstahl sowie auf Körperverletzung beschränkt.
Zuwendungsempfänger: Alice-Salomon-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin
Projektleitung: Dr.in Dayana Lau
Im Forschungsprojekt "Soziale Arbeit als koloniales Wissensarchiv?" widmen wir uns den Verbindungen zwischen der historischen Sozialen Arbeit und dem (weit zu fassenden) deutschen Kolonialismus. Dabei geht das Vorhaben folgenden Fragen nach: In welchen Formen beteiligten sich Akteurinnen und Akteure der frühen Sozialarbeit an kolonialen Unternehmungen? Welche Auswirkungen hatte das auf ihre Professionalisierung? In welchen Formen werden diesbezügliche Spuren innerhalb der Profession überliefert, aktualisiert und kritisch bearbeitet? Das Projekt trägt zur Aufarbeitung des (post-)kolonialen Erbes Sozialer Arbeit bei. Anhand von Quellenstudien werden exemplarisch die Dimensionen der kolonialen Beteiligung der frühen Sozialen Arbeit analysiert (ca. 1890er bis 1940er Jahre). Im Vorhaben wird Soziale Arbeit als koloniales Wissensarchiv konzipiert, das im Zuge des Projektes erschlossen und für eine diskursanalytische Untersuchung ausgewertet wird.
Neben der o.a. Förderrichtlinie wird das BMBF außerdem Nachwuchsgruppen im Rahmen der Rechtsextremismus- und Rassismusforschung an Hochschulen fördern. In den Nachwuchsgruppen setzen exzellente Postdocs in der frühen Karrierephase ein eigenes Forschungsprojekt zu einer Fragestellung im Feld der Rechtsextremismus- oder Rassismusforschung um. Ziele dieser Förderrichtlinie sind, die weitere Öffnung der Hochschulen für die Themen der beiden Forschungsbereiche und deren nachhaltige Stärkung an den Hochschulen und an anderen Forschungseinrichtungen. Die Nachwuchsgruppenleiterinnen/ Nachwuchsgruppenleiter sollen das eigene wissenschaftliche Profil weiterentwickeln, Leitungskompetenzen erwerben und sich so auf eine mögliche spätere Professur vorbereiten.
Zuwendungsempfänger: Technische Universität Dresden, Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e. V.
Projektleitung: Dr. Manès Weisskircher
Die Nachwuchsgruppe verknüpft die Themen Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und Klimapolitik. In Europa mobilisieren rechtsextreme Parteien zunehmend gegen klimapolitische Maßnahmen und leugnen dabei oftmals das transnationale Problem des menschengemachten Klimawandels. Die aufkeimende Literatur zum rechtsextremen "Klimaschutzskeptizismus" betont jedoch den limitierten Wissensstand zu konkreten inhaltlichen Positionierungen in der Klima- und Energiepolitik, den gewählten Mobilisierungsstrategien und ihren Auswirkungen. Ihre Leitfrage lautet: Wie und warum mobilisieren rechtsextreme Parteien zum Thema Klimawandel?
Zuwendungsempfänger: Universität Bielefeld
Projektleitung: Dr.in Saphira Shure
Im Rahmen der Nachwuchsgruppe "Gelingensbedingungen rassismussensibler Lehrer:innenbildung? Eine rassismustheoretische Untersuchung von Studium, Referendariat und Berufseinstieg" (GraL) werden die verschiedenen Phasen der Lehrerinnen- und Lehrerbildung im Hinblick auf strukturelle Bedingungen sowie mit Bezug auf die Erfahrungen und professionellen Selbstverständnisse von Adressatinnen und Adressaten (Studierende, Referendarinnen und Referendare sowie Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger), die im Kontext von Rassismus unterschiedlich positioniert sind, rassismustheoretisch untersucht. Dies geschieht mittels einer diskursanalytischen Dokumentenanalyse sowie der qualitativ-rekonstruktiven Analyse von berufsbiografischen und problemzentrierten Interviews. Um phasenübergreifende und prozessbezogene Erkenntnisse über die Lehrer:innenbildung zu gewinnen, ist die Studie in einem Längsschnittdesign angelegt. GraL zielt in diesem Zusammenhang in erster Linie auf die Rekonstruktion, Analyse und Theoretisierung von Bedingungen ab, die das Gelingen einer rassismussensiblen Lehrer:innenbildung tendenziell ermöglichen.
Zuwendungsempfänger: Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Projektleitung: Dr. Magnus Frank
Die Nachwuchsgruppe "Kontinuitäten und Neuformierungen von Institutionellem Rassismus in der Schule" (KoNIR) untersucht die komplexen Bedingungen, Mechanismen und Formen von Institutionellem Rassismus im schulischen Kontext über einen ethnografischen und qualitativ-rekonstruktiven Zugang. Durch teilnehmende Beobachtungen, Interviews mit pädagogischen Akteurinnen und Akteuren sowie Dokumentenanalysen werden qualitative Daten an sechs Schulen in Bremen und Niedersachsen über einen Zeitraum von 1,5 Jahren erhoben und mit der Grounded Theory in einem interpretativ-rekonstruktiven Analyseprozess ausgewertet.
Zuwendungsempfänger: Universität Trier
Projektleitung: Dr. Adrian Masters
Das Projekt, das von einem fünfköpfigen Team von Historikerinnen und Historikern sowie Geschichtsdidaktikerinnen und Geschichtsdidaktikern an der Universität Trier bearbeitet wird, widmet sich einer interdisziplinären Untersuchung des deutschen Kolonialismus und verfolgt damit zwei Ziele: 1. Die Erforschung der unterbelichteten Facetten des deutschen rassischen Denkens soll die Rassismusforschung in Deutschland stärken. 2. Auf der Grundlage von Forschungsarbeiten werden Schulmaterialien erstellt und ein Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Gesellschaft angestrebt, um damit einen Beitrag zur Bekämpfung des Rassismus zu leisten. Das Projekt erforscht die Wurzeln deutscher rassischer Stereotype in der globalen Ideenzirkulation. Es untersucht, wie Ideen von "Rassenmischung" aus dem iberischen Kolonialreich die Vorstellungen von menschlicher Differenz im frühneuzeitlichen und gegenwärtigen Deutschland beeinflusst haben. Im Dialog mit dem Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz wird GloVib für eine Verankerung der deutschen Kolonial- und Rassismusgeschichte an weiterführenden Schulen eintreten.
Zuwendungsempfänger: Universität Heidelberg
Projektleitung: Dr. Lotta Mayer
Die Nachwuchsgruppe fragt nach der sozialen Einbettung massiver rechtsextremer Gewalt, d.h. nach deren sozialen Ermöglichungsbedingungen und Entstehungsprozessen einerseits und ihren Rückwirkungen auf die Trägergruppe andererseits. Insbesondere nimmt sie die unmittelbaren Täter:innen(gruppen) tödlicher Gewalttaten in ihrer jeweiligen internen Struktur sowie in ihrer Einbettung in ein Netzwerk aus ideologisch Gleichgesinnten, das die politische Identität der Täter:innen prägt, in den Blick. Die Nachwuchsgruppe unternimmt daher eine netzwerkanalytische Rekonstruktion rechtsextremer Gewalt in ihrer Einbettung in die rechtsextreme Bewegung. Dazu baut sie im Sinne einer historischen Netzwerkrekonstruktion einen umfassenden Netzwerkdatensatz auf, welcher Informationen zu rechtsextremen Personen, Organisationen und Gewalttaten beinhaltet und miteinander verknüpft. Ausgehend von allen tödlichen rechtsextremen Gewalttaten seit 2000 wird rekonstruiert, wie Täter:innen in ein ideologisch einschlägiges soziales Netzwerk eingebettet sind. Derart entsteht ein aus sich überlappenden und miteinander verbundenen Teilnetzwerken zusammengesetztes Gesamtnetzwerk. Durch qualitative und quantitative netzwerkanalytische Verfahren wird herausgearbeitet, wie die soziale Einbettung der Täter:innen in die rechtsextreme Bewegung dazu beiträgt bzw. führt, dass diese Gewalttaten begehen. Umgekehrt wird so ersichtlich, wie durch die Begehung der Gewalttat soziale Beziehungen im Netzwerk verändert werden oder gar neu entstehen.
Mit einer weiteren Fördermaßnahme wird seit September 2021 der Aufbau eines Datenportals für die Rassismus- und Rechtsextremismusforschung (DP-R|EX) gefördert. Das Vorhaben ist am GESIS. Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften angesiedelt. Ziel des Verbundvorhabens ist der Aufbau und Betrieb eines Datenportals zur Unterstützung der Erforschung von Rassismus und Rechtsextremismus. Das Portal soll die Suche nach und den Zugang zu existierenden Datenbeständen erleichtern und Forschende dabei unterstützen, eigene Forschungsdaten zu teilen. Ein weiteres Ziel ist die Stärkung der Sichtbarkeit von Forschungsdaten zur Rechtsextremismus- und Rassismusforschung.
Zum September 2022 sind drei weitere Verbundpartner hinzugekommen (Universität Bremen, DeZIM Institut Berlin, Leibniz-Institut für Medienforschung Hamburg). Dadurch wird eine weitere Expertise in das Verbundvorhaben eingebracht, um die Bedürfnisse der Forschung einbinden zu können. Im Rahmen des Verbundvorhabens wird ein Referenzdatensatz für Hasskriminalität in den Sozialen Medien erhoben.
Zuwendungsempfänger: GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften e.V. (Verbundkoordination), Universität Bremen (Qualiservice) , Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung e.V. (DeZIM.fdz), Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI) (Social-Media-Observatory)
Projektleitung: Dr. Pascal Siegers
Die gleichberechtigte politische und soziale Partizipation religiöser und ethnischer Minderheiten ist seit der Einwanderungswelle von 2015/2016 wieder verstärkt als politische Konfliktlinie sichtbar geworden. Relevant wird diese Konfliktlinie, weil der Rechtsstaat gefordert ist, die Diskriminierung ethnischer und religiöser Minderheiten zu verhindern. Ziel des Projektes ist der Aufbau und Betrieb eines Datenportals zur Unterstützung der Erforschung von Rassismus und Rechtsextremismus. Das Portal erleichtert die Suche nach und den Zugang zu existierenden Datenbeständen. Forschende werden dabei unterstützt die eigenen Forschungsdaten zu teilen.