Interview mit der Historikerin Prof. Dr. Polina Barvinska (Odessa, Ukraine)
Gastwissenschaftlerin am Leibniz-Institut für Ost-und Südosteuropaforschung in Regensburg (IOS): „Meiner Meinung nach wird das Projekt dazu beitragen zu verstehen, dass die Ukraine in den schwierigen Zeiten der Revolution und des Krieges ein Subjekt und nicht nur ein Objekt der Politik der Großmächte war.“
Frau Professorin Barvinska, Sie sind schon eine Weile am IOS. Haben Sie gute Unterstützung erhalten?
Ich wurde vom IOS sehr gut unterstützt und das gilt nicht nur für den wissenschaftlichen Bereich. Professor Guido Hausmann kümmerte sich um die Wohnungsvermittlung und die Vorbereitung der notwendigen Unterlagen für die Anmeldung in Deutschland. Das IOS stellte Stipendien und einen Arbeitsplatz zur Verfügung. Anmerken möchte ich auch, dass sich das IOS von anderen Instituten in Deutschland dadurch abhebt, dass es den ukrainischen Themen seit jeher große Aufmerksamkeit widmet und wissenschaftliche Kontakte zu ukrainischen Wissenschaftlern pflegt. Auch das trägt wesentlich zur heutigen Zusammenarbeit bei.
Woran forschen Sie?
Ich arbeite jetzt gemeinsam mit meinen Kollegen an dem Forschungsprojekt „Ukrainische Staatlichkeit, Deutschland und Russland. 1918 und seine Folgen“, das von der VolkswagenStiftung finanziert wird.
Wie kann das IOS-Projekt „Staatlichkeit in der Ukraine“ hierzulande zu einem besseren Verständnis der Geschichte der Ukraine als souveräner Nation im europäischen Kontext beitragen? Und welche Impulse kann es für die aktuelle geschichts- und politikwissenschaftliche Debatte setzen?
Meiner Meinung nach wird das Projekt dazu beitragen zu verstehen, dass die Ukraine in den schwierigen Zeiten der Revolution und des Krieges ein Subjekt und nicht nur ein Objekt der Politik der Großmächte war. Es wird auch dazu beitragen, eine Reihe von Mythen zu widerlegen, wie zum Beispiel die Vorstellung, dass die Ukraine und die ukrainische Staatlichkeit eine Erfindung von außen waren. Die Ideen der ukrainischen Unabhängigkeit wurden von ukrainischen Intellektuellen und Politikern entwickelt, sie verbreiteten diese Ideen in europäischen Ländern und versuchten, Unterstützung zu finden. Die bolschewistische Aggression im Januar 1918 beschleunigte die Prozesse der ukrainischen Staatsbildung.
Besten Dank für Ihre Einschätzung, Frau Professorin Barvinska!
(Das Interview erfolgte schriftlich am 10. Oktober 2022)
Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS)
Das Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS) mit Sitz in Regensburg wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit dem Freistaat Bayern institutionell gefördert. Am IOS befassen sich Forschende aus verschiedenen Disziplinen insbesondere mit dem Raum der ehemaligen Sowjetunion und Südosteuropa.
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