KHK Köln: „Morphomata. Genese, Dynamik und Medialität kultureller Figurationen“ – Interview mit Prof. Dr. Dietrich Boschung und Prof. Dr. Günter Blamberger
Wie formen kulturelle Artefakte, z.B. Kunst und Literatur, unser Wissen von Kreativität und Zeit, Tod und Herrschaft? Wie formen Biographik und Porträt unsere Vorstellungen vom Besonderen? Das waren die Leitfragen des Käte Hamburger Kollegs „Morphomata“, die das Kölner Team seit 2009 zusammen mit Fellows aus aller Welt interdisziplinär beantwortet hat.
Die Direktoren Prof. Dr. Dietrich Boschung, Literatur- und Kulturwissenschaftler, und Prof. Dr. Günter Blamberger, Archäologe, geben Einblicke in ihre Forschung.
Wie war es für Sie, im Kolleg zu arbeiten?
Boschung: Die Arbeit in einem internationalen Fellow-Kolleg war anstrengend und inspirierend zugleich: Anstrengend, weil sie die Bereitschaft erfordert, sich immer wieder mit den Gegenständen und Methoden anderer Geisteswissenschaften zu beschäftigen; inspirierend, weil sie für die eigene Forschung regelmäßig neue Perspektiven aufzeigt. Das verläuft nicht immer konfliktfrei, aber gerade die Gegenüberstellung der Denkweisen und der Prämissen erweist sich für alle Beteiligten als überaus lehrreich.
Blamberger: Viel Administrationsarbeit am Anfang, beim Aufbau des Kollegs, danach vor allem ein großes Glück, zwölf Jahre lang mit Fellows aus aller Welt an gemeinsamen Forschungsthemen zu arbeiten und internationale Konferenzen in London, Venedig, New Delhi oder New Haven (Yale University) abhalten zu dürfen. Als Germanist habe ich nur manchmal bedauert, dass die deutsche Sprache als Wissenschaftssprache keine lingua franca mehr ist.
Was unterscheidet Forschung im Kolleg von anderen Forschungszusammenhängen / Förderformaten? Gab es hier Möglichkeiten, die Sie an anderer Stelle nicht hatten?
Blamberger: Die Käte Hamburger Kollegs verbinden auf einzigartige Weise Verbund- mit Einzelforschung, die keine vorab gefassten Drei- oder Fünfjahrespläne wie in sonstigen Förderformaten nur noch abarbeitet, sondern in jährlich zu erneuernden Lerngemeinschaften pragmatisch auf immer neue, aktuelle, für die Öffentlichkeit relevante Forschungsfragen reagieren kann. Freiraum für Geisteswissenschaften hatte das BMBF mit der KHK-Initiative versprochen, mit großem Recht. Das KHK-Format ist auch international singulär.
Boschung: Der Freiraum des Kollegs ermöglicht ein Ideen-Labor, in dem jenseits einer tagesaktuellen Mainstream-Forschung gemeinsam mit Fellows, dem Mitarbeiterteam und externen Partnerinstitutionen in immer neuen Versuchsanordnungen Fächer und Themen aufeinander bezogen werden, Fragestellungen im Dialog entwickelt und Methoden ausprobiert werden können. Das erlaubt es, in stets wechselnden Kombinationen der Geisteswissenschaften, etwa von Archäologie, Medienwissenschaften und Chinastudien, gemeinsame Forschungsfelder zu definieren und zu untersuchen.
Wie gestalten Sie konkret den Transfer in die Praxis?
Blamberger: Literatur und Kunst generieren Wissen über existentielle Fragen und nicht nur die Wissenschaften allein. Daher veranstaltet Morphomata zusammen mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung jährlich die „Poetica“, ein Festival für Weltliteratur mit öffentlichen Lesungen und Diskussionen von Dichtern und Wissenschaftlern in der Stadt Köln. Die Poetica war auch im Sinne der Wissenschaftskommunikation eine sinnvolle Ergänzung unserer interdisziplinären und kulturvergleichenden Kollegforschung.
Boschung: Unsere zahlreichen Publikationen zielen in erster Linie auf die Verbreitung und Sicherung der Ergebnisse in der Wissenschaft. Viele Veranstaltungen sind ebenso wie die Projekte von Fellows durch Audio-Stream oder Videos im Internet aufrufbar. Die Zusammenarbeit mit den Museen der Stadt Köln hat es vielfach ermöglicht, unsere Arbeiten in einem weiteren Umfeld bekannt zu machen.
Wie geht es für Sie nach dem KHK weiter?
Boschung: Ab April widme ich mich wieder der Grundlagenforschung, d.h. der Erschließung unpublizierter archäologischer Objekte.
Blamberger: Ich werde die Zusammenarbeit von Dichtern und Wissenschaftlern in der Poetica über das Ende unseres Förderzeitraums im Frühjahr 2021 mit Mitteln des Rektorats und Zuwendungen des Landes NRW fortsetzen und mit den zu Freunden gewordenen Fellows des Kollegs weiter an gemeinsamen Forschungen arbeiten.
Fellowstatements:
Cynthia Miller-Idriss (USA): “Morphomata has had a tremendous impact for me, in part due to the ongoing relationships I have with other fellows and faculty here. But what has impressed me most is Morphomata’s model of interdisciplinarity. This will have a lasting methodological impact on my work.“
Sudhir Kakar (Indien): “Wenn ich auf meine verschiedenen Aufenthalte in Centres of Advanced Studies zurückblicke – beispielsweise im Wissenschaftskolleg Berlin und im Institute of Advanced Study in Princeton – muss ich sagen, dass der interkulturelle Aspekt hier bei Morphomata am ergiebigsten und intensivsten war.“
Weitere Einblicke in das Kollegleben und von der Poetica finden Sie in der Morphomata Bildergalerie
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