Vom Käte Hamburger Kolleg zum internationalen Hub für Umweltforschung: Das Rachel Carson Center Umwelt und Gesellschaft
Das Rachel Carson Center Umwelt und Gesellschaft, das von 2009 bis 2023 vom BMBF als Käte Hamburger Kolleg gefördert wurde, erforscht das Verhältnis von Natur und Kultur interdisziplinär in unterschiedlichen Kontexten.
Wie geht es nach der BMBF-Förderung weiter? Das Rachel Carson Center hat ein in Deutschland einzigartiges Promotionsprogramm „Environment and Society“ entwickelt, das den Forschungsschwerpunk zu Umwelt und Gesellschaft an der LMU München weiter stärken wird. Mit welchen globalen Herausforderungen der Gegenwart sich die Forschenden beschäftigen, erfahren Sie hier.
Herr Prof. Mauch, im Special „Stimmen aus den Kollegs“ haben Sie schon die Erfolge und Meilensteine des Rachel Carson Center für Umwelt und Gesellschaft Revue passieren lassen. Wenn Sie auf unsere aktuellen globalen Herausforderungen blicken, wie reagiert das RCC darauf?
Die Forscherinnen und Forscher des Carson Centers beschäftigen sich mit vielen zentralen Herausforderungen der Gegenwart – von Pandemien über Umweltverschmutzung bis zu globaler Ungerechtigkeit, Klimawandel und Ressourcenverschwendung. Anders als in den Ingenieur- und Naturwissenschaften stehen Mensch und Gesellschaft und damit die großen geschichtlichen, ethischen und politischen Zusammenhänge im Vordergrund. Forscherinnen und Forscher stellen zum Beispiel Fragen nach den Umweltbelastungen von Fast Fashion; nach prekären Beschäftigungen im globalen Vergleich; nach den Auswirkungen unterschiedlicher Naturwahrnehmung von Kindern im Dschungel von Ecuador versus Deutschland oder nach den ökologischen und sozialen Auswirkungen von Chinas „Neuer Seidenstraße“. Insgesamt geht es darum, die oft unbeabsichtigten Konsequenzen ökonomischer und politischer Weichenstellungen kritisch in den Blick zu nehmen und in historischer Perspektive und mit Blick auf die Zukunft zu verstehen.
Mit dem RCC haben Sie ein in Deutschland einzigartiges Promotionsprogramm “Environment and Society” entwickelt. Wie würden Sie die Besonderheiten des Programms beschreiben?
Das Promotionsprogramm Proenviron ist in hohem Maße international und interdisziplinär. Es bringt etwa 40 Doktorierende aus derzeit 20 Ländern, fünf Kontinenten und zahlreichen Disziplinen – von Ethnologie über Geographie bis Ethik und Medizin, von Geschichte bis Jura – zusammen. Unser Programm ist keine „Schule“, die sich bestimmten Methoden oder Theorien verpflichtet hat. Es lebt von der Diversität der Ansätze und vom Austausch unter dem großen Themenschirm ‚Umwelt und Gesellschaft‘. Teile des Programms – Workshops, Lesegruppen, Exkursionen, skills sessions – werden von den Doktorierenden selbst organisiert. Zum mehrtägigen Oberseminar ‚Environment and Society‘ gehören neben Diskussionen der laufenden Arbeiten auch Miniexkursionen ins ‚Feld‘ mit Expertinnen und Experten, etwa aus Imkerei, Forstwirtschaft oder Geologie etc. Eine Besonderheit des Programms besteht auch darin, dass es am Carson Center neben den Doktorierenden Masterstudierende, Visiting Scholars, Postdocs und etablierte Professorinnen und Professoren aus aller Welt gibt. Dies ermöglicht zum einen die Einbindung der Doktorierenden in die Lehre (co-teaching), zum anderen den Austausch über Generationsgrenzen hinweg.
Die Doktoranden beleuchten natürliche und gesellschaftliche Prozesse auch aus internationaler und interdisziplinärer Perspektive. Gibt es Beispiele, die diesen Mehrwert deutlich machen?
Die Mehrzahl der Arbeiten ist entweder komparativ oder interdisziplinär angelegt. Eine aus der brasilianischen „Ökostadt“ Curitiba stammende Doktorandin stellt zum Beispiel die Frage nach der historischen und aktuellen Entwicklung von Mobilität in den „Fahrradstädten“ Portland, Oregon und München. Sie fragt, was man in der einen Stadt von der anderen lernen kann. Eine türkische Doktorandin arbeitet auf der Grenze zwischen Biologie und Ethnologie und fragt nach historischen Rezepten und der kulturellen Rolle von fermentierten Gerichten in der Türkei und Bulgarien. Eine niederländische Künstlerin arbeitet über Visualisierungen gegenwärtiger Krisen und integriert ihre eigene computergenerierte Kunst in die „Mediendissertation“. Und eine chinesische Doktorandin arbeitet über die unterschiedliche Perzeption von Wildschweinen in Deutschland und China. Sie befasst sich mit den Problemen, die Wildschweine, jenseits der Grenzen von Nationalparks, verursachen. Als externer Betreuer fungiert hier ein Chinaexperte und Forstökologe. Die Ergebnisse der Arbeit sollen am Ende in policy papers oder politische Richtlinien münden.
Herzlichen Dank für Ihre interessanten Einblicke, Herr Professor Mauch!
(Das Interview erfolgte schriftlich am 5. Juni 2023, Fragen: Katrin Schlotter)
Rachel Carson Center for Environment and Society
Das Rachel Carson Center ist Teil der Ludwig-Maximilians-Universität München und arbeitet mit dem Deutschen Museum München - sowie mit zahlreichen internationalen universitären Partnern von Norwegen über Estland und China bis in die USA - zusammen. Es versammelt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die das Verhältnis von Natur und Kultur über Disziplinengrenzen hinweg sowie in unterschiedlichen zeitlichen und geografischen Kontexten erforschen.
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