Auf Forschungsmission: Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) plant Ausstellung zu Missionssammlungen
Der Forschungsschwerpunkt „Kultur- und Religionskontakt zwischen Asien und Europa am Beispiel missionsgeschichtlicher Sammlungen“ des CERES kann sich bald sehen lassen: Eine Ausstellung zu religiösen Artefakten aus aller Welt ist in Vorbereitung, zusammen mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum Köln. Geplant ist sie für Ende 2024.
Religionen entwickeln sich nicht aus sich selbst heraus, sondern in Kontakt mit anderen Religionen – so lautet die Kernthese des ehemaligen Käte Hamburger Kollegs (KHK) „Dynamiken der Religionsgeschichte zwischen Asien und Europa“ mit Sitz am CERES in Bochum. „Wie Religionen auf Kontakte reagieren, zeigt sich bei missionsgeschichtlichen Sammlungen besonders deutlich“, sagt Dr. Patrick Felix Krüger, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am CERES: „Die von MissionarInnen gesammelten Artefakte aus aller Welt, die als Objekte, buntes Sammelsurium oder als Sammlungen erhalten sind, betrachten wir als Zeugnisse und Agenten des Religions- und Kulturkontaktes christlicher und außereuropäischer Religionen.“ Bisher sind diese Sammlungen nur zum Teil erforscht, nicht zuletzt, weil Mission heute teilweise kritisch betrachtet wird.
Kultur- und Religionskontakt zwischen Asien und Europa
Ein guter Grund, diese missionsgeschichtlichen Sammlungen zu erforschen, interdisziplinär, versteht sich. VertreterInnen aus Ethnologie, Volkskunde, Kunstgeschichte Süd- und Ostasiens, Indologie, Sinologie, Archäologie und Regionalwissenschaften arbeiten am CERES zusammen und nehmen die Artefakte unter die Lupe. Der Fokus liegt auf dem Kontakt zwischen christlich geprägten, europäischen Kulturen einerseits und den außereuropäischen religiösen Traditionen andererseits. Provenienz- und objektbezogenen Fragen spielen dabei eine ebenso große Rolle wie kulturelle und religiöse Diversität, globale Austauschbeziehungen und Netzwerke sowie die enge wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Museen und Universität.
Ausstellung zu Missionssammlungen
Wie sich dieser Religionskontakt an den Objekten selbst und in den Sammlungen spiegelt, präsentiert das CERES zusammen mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum Köln Ende 2024 mit der Ausstellung zu religiösen Artefakten aus aller Welt. „In missionsgeschichtlichen Sammlungen kommen Dinge zusammen, die sich im ursprünglichen Kontext nicht begegnen würden“, betont Krüger. Wenn zum Beispiel Buddhafiguren aus unterschiedlichen Ländern zusammenstehen, erzeugen sie leicht das Bild einer einzigen buddhistischen Tradition, das aber nicht die unterschiedlichen Ausprägungen des Buddhismus zeigt und daher Stereotypen festigt. „Dieses Spannungsfeld erzeugt und verfestigt Wahrnehmungen von Religionen. Das möchten wir der Öffentlichkeit in der Ausstellung deutlich machen“, so Krüger und erläutert: „Wissenstransfer hat am CERES einen hohen Stellenwert. Die aus den Angeboten der vergangenen Jahre in Bochum gewonnenen Erfahrungen und Strategien fließen unmittelbar in die Konzeption der Ausstellung und der begleitenden Angebote ein. Die im Rahmen des KHK erarbeiteten Erkenntnisse werden so der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht – und sie ermöglichen einen differenzierten Blick auf die verschiedenen Ebenen des Religionskontakts und die vielen, oft kontroversen Wahrnehmungen des Themas“.
Religionskontakte neu erleben
Das Ausstellungskonzept ist bereits in Arbeit; außerdem arbeiten die Forschenden am Ausstellungsnarrativ, also am roten Faden, der die BesucherInnen durch die Welt der religiösen Artefakte und Kontakte führt. Krüger und seine Kollegen Martin Radermacher und Tim Karis haben schon bestimmte Objekte für Ausstellung im Sinn. „Einige der Objekte widmen sich einem christlichen Thema, sind aber in der Bildsprache einer außereuropäischen Kultur dargestellt“, sagt Krüger und erläutert: „In den Sammlungen finden sich zum Beispiel Kreuze aus Japan, in deren Zentrum nicht Jesus, sondern Buddha steht. Sie stammen aus einer Zeit, als das Christum verfolgt wurde. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Kreuz nicht als christliches Symbol erkannt wurde, sondern lediglich als Trägermedium für einen Buddha. Auch die Darstellung der Mutter Gottes war verboten, die der Guanyin-Göttin aber nicht, die ebenfalls ein Kind auf dem Arm trägt. All diese Objekte zeigen, wie sich Religionen im Kontakt mit anderen Religionen gewandelt haben“.
Missionssammlungen erforschenswert
Viele dieser Artefakte, die das CERES erforscht und ausgestellt, stammen aus Sammlungen der Missionsorden in Nordrhein-Westfalen. Allerdings lösen sich caritative Orden zunehmend auf. Wie Krüger aus Gesprächen weiß, stehen für die Sammlungen in vielen Orden und Missionsvereinen immer weniger personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung. Was aus den Sammlungen wird, ist ungewiss.
„Die Sammlungen zeigen Objekte, die mit Missionen in Zusammenhang stehen, und sind, spitz formuliert, mit christlichen Vorstellungen kontaminiert“, betont Krüger, „Gerade deshalb sagen diese Missionssammlungen viel aus über unsere Kultur und unser Verständnis von außereuropäischen Kulturen und Religionen. Es wäre ein großer Verlust, wenn diese Sammlungen still und leise verschwinden würden. Denn: Trotz der gegenwärtig geführten postkolonialen Debatten reflektieren die Missionssammlungen auch einen Teil unserer eigenen Geschichte und sollten daher aufgearbeitet werden“. Das nächste große CERES-Forschungsvorhaben steht schon bereit: Die Afrikasammlung vom Kölner Standort der Afrikamissionare – Weisse Väter.
Weitere Projektinformationen
Von 2008 bis 2020 förderte das BMBF am CERES der Ruhr-Universität Bochum das Käte Hamburger Kolleg „Dynamiken der Religionsgeschichte zwischen Asien und Europa“. Der Förderung schloss sich eine zweijährige Transferphase an, in der die Kommunikation der Forschungsergebnisse im Vordergrund stand. Die geplante Ausstellung baut auf der langjährigen Forschungsarbeit des Käte Hamburger Kollegs auf.
Unboxing-Video der Afrikasammlung auf dem YouTube-Kanal des CERES_RUB
Der Kölner Standort der Afrikamissionare – Weisse Väter wurde geschlossen. Ein Teil dessen, was sich dort über Jahrzehnte angesammelt hat, ist nun im CERES sicher gelagert, wird gesichtet (siehe CERES YouTube-Video) und steht für die weitere Erforschung bereit. In der Afrikanischen Sammlung befindet sich u.a. ein Fotoarchiv mit 30 Kisten, eine Bibliothek mit Studien sowie bisher ungesehene Filme aus den 1920/30-Jahren, für die nach einem Abspielgerät gesucht wird.
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