Abschlussveranstaltung der Förderrichtlinie eHeritage: Projektergebnisse und Diskussionserkenntnisse
Nach einer Auftakt- und einer Statustagung in den Jahren 2021 und 2022 lud das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) am 07. und 08. September 2023 zu einer Abschlussveranstaltung der Förderrichtlinie eHeritage beim DLR Projektträger in Bonn ein.
Großes Interesse an der eHeritage-Förderrichtlinie
Die Richtlinie zur Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes – eHeritage – wurde 2016 und erneut 2019 vom BMBF veröffentlicht. Die Förderlinie stieß sowohl bei Hochschulen als auch bei außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie Museen, Archiven und Bibliotheken auf großes Interesse. Es wurden in beiden Förderlinien zusammen 33 Projekte zur Digitalisierung von kulturellem Erbe gefördert, sowie in 2016 weitere 29 Projekte zur Erstellung von Digitalisierungskonzepten.
Ziel der Förderlinie ist es, geistes- und kulturwissenschaftliche Quellen für die Forschung zu erschließen, zu digitalisieren, zu speichern und bereitzustellen. Voraussetzung für eine Förderung ist, dass die entstehenden Digitalisate die Grundlage für weitere Forschung bilden. Auch die fachlich tiefe Erschließung der Digitalisate und die anschließende Weitergabe (bspw. an übergreifende Portale) – sowohl der Erschließungsdaten als auch der resultierenden Digitalisate selbst – ist explizit erwünscht.
Mit dieser Maßnahme soll eine substantielle Erweiterung des digital für die Wissenschaft bereitgestellten kulturellen Erbes erreicht werden. Durch die Förderung kann das Potential digitaler Objekte für die Forschung gestärkt und sichtbar gemacht werden, indem es aktiv der Forschung zugänglich gemacht wird.
Anerkennung der Projektergebnisse in der Abschlusstagung
Bei der Abschlusstagung wurden die Projektergebnisse und insbesondere die Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit und Nachnutzung vorgestellt und diskutiert, da diese zum Ende der Projektlaufzeit besondere Bedeutung erlangen.
Neben etwa 20 Teilnehmenden aus den neun Projekten der Ausschreibung von 2019 waren auch zwei bereits abgeschlossene Projekte der ersten Ausschreibung vertreten. Diese zwei „Altprojekte“ zur Digitalisierung von prähistorischen Steinartefakten (DISAPALE) und zur Digitalisierung von Toninformationsträgern von Tasteninstrumenten (TASTEN) präsentierten ihre sehr gelungenen Projektergebnisse sowie ihre „Lessons learned“.
Zudem konnten Vertreter der beiden NFDI-Konsortien NFDI4Culture und NFDI4Objects gewonnen werden, die über ihre Serviceangebote, besonders in Hinblick auf Nachhaltigkeit und Nachnutzung, informierten. Beide Vorträge stießen auf reges Interesse. Insbesondere das Angebot eines „Legal Helpdesks“ und die Möglichkeit zur Speicherung von Daten nach Projektende in einer externen Registry von NFDI4Culture wurden sehr positiv aufgenommen.
Daneben war der erste Veranstaltungstag gefüllt mit Projektpräsentation und der Möglichkeit, Fragen an die Projekte zu richten. Die in den Projektvorstellungen angesprochenen Aspekte zu Fragen der Nachnutzung und Nachhaltigkeit wurden am Abend verschriftlicht und konnten dann in drei übergreifenden Themen eingeteilt werden (Internationalisierung, Risikomanagement und Vermittlung).
Diese drei Themen wurden am zweiten Veranstaltungstag an drei Whiteboards in einem Worldcafé diskutiert. Durch iterative Runden kamen alle Teilnehmenden dazu, an jedem Thementisch zu diskutieren und konnten so durch ihren Erfahrungsschatz und basierend auf ihrem Projektzuschnitt wertvolle Punkte und Fragen zusammentragen, die in einer Abschlussrunde zusammengefasst wurden.
Diskussionsergebnisse des World Cafés zur Internationalisierung
Im Themenfeld Internationalisierung wurden viele Herausforderungen debattiert, die sich aus den sprachlichen, rechtlichen und kulturellen Unterschieden bei der internationalen Zusammenarbeit zwischen staatlichen oder gemeinnützigen Organisationen ergeben:
So können unterschiedlich strenge Datenschutzgesetzgebungen oder unterschiedliche Auslegungen derselben Datenschutzbestimmungen zu einem unterschiedlich freien Zugang zu Daten und Metadaten in den verschiedenen Repositorien führen und einen gemeinsamen Nachweis auf internationaler Ebene erschweren. Hier wurden beispielsweise die Limitationen der europäischen Initiative Europeana genannt, deren Metadatenweitergabe sich auf den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ an Feldern beschränke und dadurch nicht ihr volles Potential für die Wissenschaft entfalten könne.
Auch in Bezug auf den Zugang zu Fördermitteln wurden große Unterschiede in der internationalen Zusammenarbeit festgestellt, welche sich in Ungleichgewichten bei der Forschung auswirkten. Postkoloniale Aspekte der internationalen Zusammenarbeit, wie etwa Fragen der wertschätzenden, hierarchiefreien Zusammenarbeit beim Wissenstransfer westlicher Forschender an einheimische WissenschaftlerInnen, wurden ausführlich diskutiert. Fragen der Deutungshoheit über Kulturgüter sollten möglichst den Herkunftsgesellschaften selbst überantwortet werden. Ebenso gebe es bei der Verfügbarmachung von Kulturerbe für Herkunftsgesellschaften das Problem des begrenzten Internetzugangs, so dass der Zugang trotz digitaler Verfügbarkeit dennoch beschränkt bleibe.
Außerdem wurde das Problem der Mehrsprachigkeit in Metadaten und ihre Limitationen in Hinblick auf Übersetzbarkeit und Aussagekraft thematisiert. Hier wurden Tools, die auf großen Sprachmodellen beruhen, wie DeepL, als mögliche Lösung diskutiert, die aufgrund der Komplexität von Sprache in diesem Feld jedoch ebenfalls nicht alle Herausforderungen lösen könnten. Auch diskriminierende Terminologie in (veralteten) Metadatenvokabularen wurden als bekannte Herausforderung genannt. Zudem wurde über die Nutzung verschiedener bevorzugter Sprachen als Wissenschaftssprache in bestimmten Disziplinen für Veröffentlichungen oder im Austausch diskutiert und die Frage, wie man diese, historisch gewachsenen, Verschiedenheiten angleichen könne. Zu guter Letzt wurde internationale Diplomatie – insbesondere zwischen außereuropäischen Staaten, die sich kritisch gegenüberstehen – als mitunter problematisch bei Reisen zum wissenschaftlichen Austausch genannt.
Diskussionsergebnisse des World Cafés zum Risikomanagement
Im Themenfeld Risikomanagement wurde über technische, planerische wie auch personelle Risiken diskutiert. Viele der debattierten Fragen wurden bei der Zusammenfassung im World-Café als Fragen des Projektmanagements identifiziert.
Um Risiken von zu bspw. knapper zeitlicher Planung, in der Zusammenarbeit mit externen Partnern oder technische Risiken zu minimieren, wurde von folgenden Maßnahmen berichtet:
Durchführen von Vorab-Techniktests
Aufnehmen von technischen Partnerinstitutionen direkt in das Projekt
Vorabregelung von Kompetenzen zwischen Partnern und Mitarbeitenden
Patenmodelle zwischen erfahrenen Organisationen und neuen, kleineren Antragstellern
Einplanung von Stellen für Spezialtätigkeiten aber auch personelle Vermeidung von „single points of faillure“, hier wurde empfohlen, besser Wissen auf mehrere Schultern aufzuteilen
Einbauen von Puffern im Arbeitsplan, Stichwort „Flexibilisierung“
Methoden des agilen Projektmanagements sowie bspw. Alternativpläne für verschiedene Szenarien
Auch wurde das Vorschalten einer administrativen Startphase oder das Einplanen von Projektmanagement-Ressourcen in den Arbeitsplan debattiert; ob dies jeweils zuwendungsrechtlich möglich ist, hängt aber von den Regelungen der Förderlinie ab. Vom Förderer wurde die Vermittlung grundlegender Projektmanagementkompetenzen (bspw. im Rahmen von Antragstellungsseminaren) gewünscht. Eine juristische Begleitung, bspw. durch den juristischen Support von NFDI4Culture, wurde als sehr vielversprechend erachtet.
Diskussionsergebnisse des World Cafés zur Vermittlung
Bei Fragen der Vermittlung wurde zwischen GLAM-Einrichtungen (Galleries, Libraries, Archives, Museums), bei denen die Vermittlung (von und anhand kulturellem Erbe) eine Kernaufgabe darstellt, und Universitäten, welche kulturelles Erbe nur zuweilen als Lehrmaterial in Seminaren einsetzen, unterschieden.
So sei die Vermittlung mit Kulturerbe im GLAM-Sektor professionalisiert und suche bspw. nach Narrativen für die Vermittlung an SchülerInnen bzw. durch LehrerInnen. Auch „Sammlercommunities“ seien hier eine Zielgruppe. Die Verbindung von GLAM Einrichtungen zu Fach-Communities sollte dennoch gestärkt und mehr Feedback aus der Wissenschaft solle angestoßen werden.
In den Universitäten sei deutlich mehr Einbindung von (digitalem) kulturellem Erbe in die Lehre möglich und die Professionalisierung in der Vermittlung mithilfe kulturellen Erbes sei ausbaufähig. „Outreach“ sei in dem Kontext an Universitäten keine Kernkompetenz, hierfür wurde empfohlen, mit den Fachinformationsdiensten (FIDs) zusammenzuarbeiten. Auch für die Öffentlichkeitsarbeit in Form von Blogs oder Social Media-Posts werde geschultes Personal benötigt.
Es wurde vielfach betont, wie wichtig die aktive Auseinandersetzung durch Studierende oder Initiativen wie Coding Da Vinci mit dem digitalisierten Material und den Metadaten der eHeritage-Projekte sei. Dies befördere ganz neue Erkenntnisse auf Basis der Daten, welche bei der Digitalisierung gar nicht präsent gewesen seien.
Sowohl im GLAM- als auch im Universitätskontext, sei man dankbar für das dortige Fachpublikum und dessen professionellen Erwartungen. Es wurde ergänzt, dass museale Vermittlung beim Publikum häufig mit etwas stereotypen Erwartungen begegnet werde, dies gelte es zu überwinden.
Zuletzt wurden auch Games zur Vermittlung debattiert, insbesondere in Bezug auf Herausforderungen wie dem Bedarf nach einer interdisziplinären Sprache zwischen WissenschaftlerInnen, ProgrammiererInnen und SpielerInnen. Für diese Problematik, welches mitunter Ähnlichkeiten mit den Sprachproblemen im Feld Internationalisierung aufweise, seien aber noch kaum etablierte Lösungen bekannt.
Um diese Website bestmöglich an Ihrem Bedarf auszurichten, nutzen wir Cookies und den Webanalysedienst Matomo, der uns zeigt, welche Seiten besonders oft besucht werden. Ihr Besuch wird von der Webanalyse derzeit nicht erfasst. Sie können uns aber helfen, indem Sie hier entscheiden, dass Ihr Besuch auf unseren Seiten anonymisiert mitgezählt werden darf. Die Webanalyse verbessert unsere Möglichkeiten, unseren Internetauftritt im Sinne unserer Nutzerinnen und Nutzer weiter zu optimieren. Es werden keine Daten an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen hierzu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.