Welche Auswirkungen hat die COVID-19-Pandemie auf die Klimapolitik? Und wie kann eine Fiskalreform zu einem gerechten Übergang zu kohlenstoffneutralen Gesellschaften beitragen? Dazu forschen die Ökonomin Dr. Anna Pegels und der Politökonom Mauricio Böhl Gutierrez im transnationalen Projekt COVCLIM.
Im Interview: Dr. Anna Pegels und Mauricio Böhl Gutierrez - Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen des German Institute of Development and Sustainability (IDOS) "Transformation der Wirtschafts- und Sozialsysteme“
Frau Dr. Pegels, Ihr Projekt ist eines der 19 Projekte zum Thema "Recovery, Renewal and Resilience in a Post-Pandemic World" der Transatlantik-Plattform (T-AP), ein Zusammenschluss zwischen zentralen Forschungsförderorganisationen in Nord- und Südamerika und Europa auf dem Gebiet der Sozial- und Geisteswissenschaften. Was genau untersuchen Sie und wie gehen Sie dabei vor?
Im COVCLIM Projekt untersuchen wir die CO2-Bepreisung in verschiedenen Länderkontexten. Kohlendioxid als einer der hauptsächlichen Treiber des Klimawandels wird nach wie vor ausgestoßen, ohne dass der Verschmutzer die vollen Kosten übernehmen muss. Dadurch werden wirtschaftliche Aktivitäten in die falschen Bahnen gelenkt. CO2-Bepreisung will das ändern, ist jedoch häufig schwer umzusetzen. Es fehlt Forschung zu erfolgreichen Umsetzungsstrategien, und hier setzen wir an.
Das Projekt startet mit einer Datenbank, in der wir Informationen zu politischen Faktoren in der Umsetzung von Kohlenstoffpreisen und Reformen von Subventionen für fossile Energieträger sammeln. Im weiteren Verlauf des Projekts werden wir uns auf zwei Fallstudien konzentrieren. In einem Land des globalen Südens werden wir untersuchen, welche Politikgestaltungen die Akzeptanz von Kohlenstoffbepreisung fördern können. Das zweite Fallstudienland wird Deutschland sein, auch hier möchten wir Informationen über die Umsetzung von Kohlenstoffpreisen sammeln. Vor allem die Koalitionsbildung im Prozess und deren Einfluss auf die endgültige Ausgestaltung der Bepreisung interessieren uns.
Gibt es schon erste Erkenntnisse aus Ihrem Projekt?
Es fehlt noch viel Arbeit, bevor wir unsere Ergebnisse abschließend teilen können, aber es war ein starkes Zeichen, dass so viele Länder zur Finanzierung ihrer Konjunkturprogramme nach der COVID-19 Pandemie ein Augenmerk auf Kohlenstoffpreise setzten. Leider wurden diese Pläne vom Angriffskrieg gegen die Ukraine umgeworfen. Im Zuge der stark steigenden Preise für fossile Energieträger auf den Weltmärkten und durch die Notwendigkeit von Energiesicherheit wurde die Bepreisung von Kohlenstoff vielfach reduziert oder zeitweise aufgehoben, und vermehrt Subventionen für fossile Energieträger einführt.
Ein überraschendes und zugleich ermutigendes Ergebnis hatten in diesem Zusammenhang Kollegen des ifo Instituts, die in einer ihrer Publikationen zeigen, dass die Senkung der Kohlenstoffpreise bei steigenden Energiekosten für die Haushalte gar nicht immer sinnvoll ist. Wird ein hoher Preis bei hohen Energiekosten beibehalten, und die Einnahmen fließen an die Haushalte zurück (wie z.B. über das diskutierte Klimageld), sind die Gesamteffekte im Vergleich zu einer Senkung der Kohlenstoffpreise sogar positiv – bei höheren Kohlenstoffpreisen kann eben auch mehr an die Haushalte zurückfließen.
Mit unserer Forschung wollen wir die politökonomischen Schlussfolgerungen solcher Erkenntnisse bearbeiten und unter anderem verstehen, welche Rolle soziale Sicherungssysteme bei der Bepreisung von Kohlenstoff einnehmen müssen.
Für November 2023 ist eine Präsentation Ihrer Zwischenergebnisse auf der UN-Klima-Konferenz in Dubai geplant. Wie ist Ihnen der Weg dorthin gelungen?
Wir hatten im Juni bereits die Möglichkeit, erste Ergebnisse während der Zwischenverhandlungen der Klima-Konferenz SB58 in Bonn zu präsentieren (Videoaufzeichnung auf YouTube). Für die Präsentation unserer Ergebnisse haben wir mit unserem Konsortialpartner, dem International Institute for Sustainable Development kooperiert. Die Zwischenverhandlungen bereiten die Beschlüsse für die Klimakonferenzen vor, welche immer zum Jahresende stattfinden. Ergebnisse in die Zwischenverhandlungen einzubringen erhöht die Wahrscheinlichkeit, den Verhandlungsprozess rechtzeitig zu informieren. Außerdem war es für uns natürlich auch eine besonders klimafreundliche Möglichkeit, unsere Ergebnisse zu präsentieren, da unser Institut in Bonn sitzt, in Laufweite zum Verhandlungsort.
Was empfehlen Sie anderen Forschenden, damit der Transfer von der Forschung in die Politik gelingen kann?
Generell empfehlen wir für den Transfer von Forschung in die Politik, immer die Empfänger im Blick zu behalten. Welche Themen, welche Schlagworte interessieren besonders? Welche Fragen treiben ihn oder sie momentan um, welche innovativen Antworten können wir darauf liefern? Und in welchen Formaten muss das geschehen, damit es überhaupt aufgenommen werden kann – Kurzpapiere statt langer Berichte, klare Sprache statt Fachausdrücke, und wenn immer es geht das direkte Gespräch suchen. So bilden sich Kontakte, und idealerweise weiß die Person beim nächsten Mal direkt, wen sie anrufen und um eine fachlich fundierte Meinung bitten kann.
Vielen Dank für die interessanten Einblicke, Frau Dr. Pegels und Herr Böhl Gutierrez!
Das Interview erfolgte schriftlich am 11. August 2023, Fragen: Katrin Schlotter
Das T-AP-Projekt COVCLIM
Die Auswirkungen von COVID-19 und der Klimakrise bestimmen grundlegend die Aussichten für einen gerechten Übergang zu kohlenstoffneutralen Gesellschaften. Das T-AP-Projekt COVCLIM integriert Wirtschafts-, Politik- und Sozialwissenschaften, um die Rolle von einer Kohlenstoffsteuer zur Finanzierung der sozialen Sicherung in diesem Übergang zu beleuchten. Dabei analysiert es Konzepte für Steuerreformen, die Armut und Ungleichheit verringern und die zugrundeliegenden politischen und wirtschaftlichen Prozesse.
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