Auf „Spurensuche“: Podcast zu DDR-Geschichte und Transformation
Im Podcast des BMBF-Forschungsverbunds „Diktaturerfahrung und Transformation“ gehen Wissenschaftler/innen auf „Spurensuche“. Warum es so wichtig ist, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und jenseits des „Elfenbeinturms“ zu forschen und wahrgenommen zu werden, erfahren Sie im Interview mit dem Wissenschaftlichen Koordinator des Forschungsverbunds Dr. Gero Fedtke.
In Ihrem Verbund arbeiten Wissenschaftler/innen verschiedener Hochschulen, Gedenkstätten und Stiftungen in Thüringen zusammen. Herr Dr. Fedtke, wie kam es zu der Idee, den Podcast „Spurensuche“ auf die Beine zu stellen?
Uns ist es ein wichtiges Anliegen, nicht im Elfenbeinturm vor uns hin zu forschen, sondern auf vielfältige Weise mit Menschen außerhalb der Universitäten in Kontakt zu treten. Unmittelbare Begegnungen stehen für uns im Fokus: Gleich zu Beginn unserer Arbeit haben wir zum Beispiel in einem Forum Forschungsfragen diskutiert, Erzählplattformen und Cafés organisiert. Die Pandemie hat es extrem erschwert, mit Menschen zusammenzutreffen. Deshalb sind andere Formate in den Vordergrund gerückt. Wenn man Artikel veröffentlicht oder Vorträge hält, geht es um die Inhalte, die Wissenschaftlerin oder der Wissenschaftler rücken in den Hintergrund. Wie in den Gesprächen, die wir geführt haben, wollen wir aber auch als Forschende sichtbar sein. Die Pandemie hat es uns verwehrt, solche Gespräche von Angesicht zu Angesicht zu führen. Wir führen sie nun im Podcast.
Worum geht es in Ihrem Podcast „Spurensuche“?
Christian Stadali als Gesprächspartner stellt gewissermaßen stellvertretend für viele andere die Fragen an uns und reagiert auf unsere Aussagen: Was interessiert uns an den Themen? Wie funktioniert unsere Forschung eigentlich? Was erleben wir, wenn wir außerhalb der Universität über sie sprechen, sie diskutieren? Was hat sie mit uns selbst zu tun? Letzteres ist ein wichtiger Punkt: Wir reden hier ja schließlich über eine Zeit, die viele von uns miterlebt haben, die mit unseren Familien zu tun hat – ob wir nun im „Osten“ oder im „Westen“ oder in Bewegung waren.
Wen beziehungsweise was möchten Sie mit Ihrem Podcast erreichen?
Das Pendant zum „nicht nur im Elfenbeinturm forschen“ ist es, über das gewohnte Lesepublikum wissenschaftlicher Ergebnisse hinaus Menschen für unsere Forschungserkenntnisse zu interessieren – „nicht nur im Elfenbeinturm wahrgenommen werden“ könnte man das nennen. Mit dem Podcast wollen wir interessierte Menschen erreichen, die aus verschiedenen Gründen nicht viel lesen können oder wollen. Oder die eben nicht nur ein Text interessiert, sondern auch die Menschen, die in ihre Forschung viel Arbeit stecken, bevor ein Text zustande kommt.
Am Ende geht es natürlich um unsere Forschungserkenntnisse. Besonders wichtig ist uns der erfahrungsgeschichtliche Ansatz: Es geht nicht nur um die DDR, es geht nicht nur um die friedliche Revolution bzw. die „Wende“, sondern auch um die Zeit danach. Schließlich geht das Leben weiter. Die Zeit „danach“ beeinflusst die Erinnerung an das „Davor“. Wir möchten eine Vielfalt von Positionen aufzeigen – es geht also nicht darum, „wie es wirklich war“, sondern um eine Vielfalt an Perspektiven, auch wenn diese widersprüchlich scheinen oder sind. Geschichte ist immer komplex. Das wird möglicherweise im Gespräch deutlicher als in einem Text.
Welche Rolle spielt der Podcast in Ihrer Wissenschaftskommunikation?
Unser Podcast ist ein Element unter vielen. Er ersetzt nicht die klassische wissenschaftliche Publikation mit Fußnoten, Anmerkungsapparat und allem, was dazu gehört. Er ergänzt sie. Wir sind ein interdisziplinärer Forschungsverbund – das spiegelt sich auch in den Mitteln der Kommunikation. Dazu gehören auch Ausstellungen. Beispielsweise kann man in der ACC-Galerie in Weimar noch bis zum 12.02.2023 die Fotoausstellung „An den Rändern taumelt das Glück“ über die späte DDR in der Fotografie sehen. Sie ist sehr erfolgreich und spricht auch Menschen an, die sich mit diesem Thema bislang wenig auseinandergesetzt haben. Wir setzen auf Methodenvielfalt: lesen, betrachten – im Podcast eben hören.
Welchen Rat gehen Sie Kolleg/innen mit auf den Weg, die einen Wissenschaftspodcast planen?
Für das Gelingen ist ein professioneller und kompetenter Partner zentral, der die Gespräche führt und sich um die ganze technische Seite kümmert. Das kann man ja nicht unbedingt selbst. Man braucht also auch Geld.
Für alle, die sich auf ein solches Feld noch nicht begeben haben, ist wahrscheinlich die Bereitschaft entscheidend, sich auf einen Sprachwechsel einzulassen. Für viele Wissenschaftler:innen ist das eine Hürde: Man ist von der Universität einen bestimmten wissenschaftlichen Kommunikationsstil gewöhnt, der außerhalb des universitären Raums nicht immer verstanden wird und der für das Sprechen im Podcast nicht unbedingt geeignet ist. Da gibt es ja bereits viele Suchen nach Alternativen, gleichzeitig wissenschaftlich präzise und allgemeinverständlicher und sogar unterhaltsam zu sein. Science Slam und vieles mehr. Podcasts reihen sich hier ein – man muss also das Rad überhaupt nicht neu erfinden. Man kann es auch als eine gute Übung in Komplexitätsreduktion betrachten. Ob das am Ende gelungen ist, müssen die Hörer und Hörerinnen entscheiden.
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