„Ist die Wende zu Ende?“ – eine Wanderausstellung auf Spurensuche
In Thüringen, Sachsen und Brandenburg die interaktive Wanderausstellung „Ist die Wende zu Ende?“ regt Gespräche über die Wende- und Nachwendezeit und ihre Auswirkungen auf die Gegenwart an. Die Projektleitung obliegt dem Teilinstitut Berlin des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ).
Die Basis und Idee des Ausstellungsprojektes entstand am Teilinstitut Berlin des BMBF-geförderten Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) im Rahmen des Forschungsprojektes „Zusammenhalt und Ressentiment in Krisenzeiten: Erinnerungen an die Wende- und Nachwende-Zeit im Ost-West-Vergleich (Laufzeit: 06 / 2020 – 05 / 2024). „Wir haben ca. 50 Interviews mit Menschen in Ost- und Westdeutschland geführt. Im Mittelpunkt stand die Frage nach den Erinnerungen an die Wende- und Nachwendezeit“, sagen die Projektleiter Dr. Felix Axster und Dr. habil Mathias Berek und ergänzen: „Es kommen Menschen zu Wort, die von den sozialen Verwerfungen der Wendezeit besonders betroffen waren und bislang wenig Gehör gefunden haben“. In der Ausstellung „Ist die Wende zu Ende?“ sind Auszüge dieser Interviews an Hörstationen erlebbar. Sie zeigen, „dass die Wende größtenteils als tiefer Einschnitt empfunden wurde, wobei – dies gilt vor allem für die Interviewten aus Ostdeutschland – euphorische Erfahrungen eines demokratischen Aufbruchs und soziale Deklassierungserfahrungen im Zuge von Arbeitslosigkeit häufig nah beieinander lagen“, so die Projektleiter.
Erinnerungswerkstatt und Echoraum in Dresden
Die von Anujah Fernando und Niels Hölmer kuratierte Ausstellung versteht sich als mobile Erinnerungswerkstatt. Sie ist Teil des Wissenschaftsjahres 2024 - Freiheit und macht von März bis September an sechs Orten in Thüringen, Sachsen und Brandenburg Station – in Spremberg, Apolda, Nordhausen, Freital, Bautzen und Strausberg. Sie zeigt, wie vielfältig die Erinnerungen an die 1990er Jahre sind, macht Erfahrungen wie Enttäuschung, Ohnmacht oder auch demokratischer Handlungsfähigkeit sichtbar. Und sie fragt auch danach, ob und inwieweit es Gemeinsamkeiten der vermeintlich getrennten Erfahrungen gibt. Insgesamt wird ein vielschichtiges Bild der Wendezeit und ihrer Nachwirkungen gezeichnet.
Zudem lädt die Ausstellung die Besucherinnen und Besucher ein, ihre eigenen Erfahrungen und Perspektiven einzubringen: Die Performance-Kunstschaffenden Hans Narva und Anna Stiede sind vor Ort und fordern die Menschen auf, von ihren Erinnerungen an die Wende- und Nachwendezeit zu berichten oder diese kurz auf Postkarten zu skizzieren. Auszüge von diesen Gesprächen, Postkartenskizzen oder auch Fotos von den Stationen – all das fließt wieder zusammen. Und zwar im Dresdner Hygiene-Museum, wo Ist die Wende zu Ende? gerade einen Raum bespielt, im Rahmen der Ausstellung "VEB Museum" über die Geschichte dieses Museums in der DDR. „Wir haben als Kooperationsprojekt einen Teil des Epilog-Raums gestaltet, als Schnittstelle zu den 1990er Jahren und zur Gegenwart“, so Axster und Berek. Und weiter: „Die Stimmen aus Spremberg, Apolda, Nordhausen, Freital, Bautzen und Strausberg werden in der Dresdner Ausstellung zu hören sein. Das heißt, sie erzeugen ein Echo in der sächsischen Landeshauptstadt – und darüber hinaus. So entsteht ein Archiv von Wende-Erinnerungen, das sich auch als Ausstellungsgegenstand realisiert.“
Fazit: Ist die Wende zu Ende?
Nächste Stationen der Ausstellung sind Freital und Bautzen. Doch schon jetzt zeigt sich eines: „Die Resonanz ist größer als wir erwartet haben. An allen bisherigen Standorten besuchten viele Menschen die Ausstellung, manche verbrachten mehrere Stunden in ihr. Und wir konnten unzählige interessante Gespräche führen. Es ist klar: der Gesprächsbedarf über die Wende- und Nachwendezeit ist im Osten enorm.“, so Axster und Berek. Ob es sich in westdeutschen Städten ähnlich verhalten würde, wäre in einer 2. Runde der Erinnerungswerkstatt zu eruieren.
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