Rassismusforschung: WinRa-Jahreskonferenz 2024 in Bayreuth
Wie lässt sich Rassismus in all seinen Ausprägungen messen? Unter dem Titel „Behind the Data: Quantitative Approaches in Interdisciplinary Racism Research“ tagte die zweite Jahreskonferenz des Wissensnetzwerks Rassismusforschung (WinRa) vom 23. Oktober bis zum 25. Oktober 2024 an der Universität Bayreuth.
Organisiert wurde die Konferenz von Prof. Dr. Stefan Ouma (Universität Bayreuth) und Prof. Dr. Irena Kogan (Universität Mannheim), die das WinRa-Regionalnetzwerk Süd vertreten. Sie führte Akteurinnen und Akteure aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft zusammen, um innovative quantitative Ansätze in der Rassismusforschung zu diskutieren.
„Die Konferenz war ein großer Erfolg und hat unsere Erwartungen übertroffen. Von Beginn an hatten wir sie als eine grenzüberschreitende Veranstaltung konzipiert – grenzüberschreitend sowohl in Bezug auf Disziplinen, Methoden als auch auf geografische Herkunft der Teilnehmenden. Die internationale Zusammenarbeit und der interdisziplinäre Dialog zeugen davon, wie wichtig solche Plattformen für den Wissenstransfer und die Vernetzung sind“, so das Fazit von Prof. Dr. Stefan Ouma (Universität Bayreuth, Co-Sprecher WinRa-RN Süd).
Keynotes zu Rassismus, Ungleichheit und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit
Die Eröffnungsrede von Prof. Dr. William Darity Jr. (Duke University, USA) zum Thema „Stratification Economics: Identity and Inequality“ lieferte Erkenntnisse darüber, warum dominante Gruppen subalterne Gruppen diskriminieren. Er lehnte die Vorstellung ab, dass Menschen gegen ihre materiellen Interessen stimmen, da sie sich an der Schnittstelle mehrerer dynamischer Identitäten befinden könnten. Tatsächlich scheine die Kategorie Race die Kategorie Klasse zu übertrumpfen und die Kategorie Klasse die Kategorie Geschlecht, wie die US-Wahlen von 2016 und auch die kürzlich stattgefundenen Wahlen von 2024 gezeigt hätten.
Die Keynote „Surveying the Effects of Racism“ von Dr. Dharmi Kapadia, Universität Manchester, UK, gab unter anderem Einblicke in die Definition von Rassismus, in die Art und Weise, wie Rassismus in UK und in anderen Ländern gemessen wird (oder auch nicht), sowie in methodische Fortschritte bei der Stichprobenerhebung im Rahmen des vom ESRC finanzierten EVENS-Projekts. Um ethnische Ungleichheiten vollständig zu dokumentieren, zu adressieren, zu verringern und zu beseitigen, müsse die Erhebung von Daten grundlegend geändert werden.
Die abschließende Keynote hielt Prof. Dr. Andreas Zick (Universität Bielefeld). In seinem Vortrag „The Syndromatic Nature of Group-Focused Enmity and Right-Wing Extremism“ veranschaulichte er, dass die Ideologie der Ungleichheit das verbindende Element zwischen verschiedenen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit darstellt – darunter Rassismus, Sexismus, Anti-LGBTQ-Feindlichkeit und weitere Diskriminierungen. Prof. Zick schlug eine Brücke zum gegenwärtigen deutschen Kontext und beleuchtete, wie solche Ideologien nicht nur im rechtsextremen Milieu verankert sind, sondern auch weit in die „Mitte der Gesellschaft“ hineinreichen und sich dort in den letzten Jahren weiter gefestigt haben. Diese zunehmende Verbreitung und Verankerung stellt eine erhebliche gesellschaftliche Herausforderung dar und wirft die Frage auf, wie diese besorgniserregende Entwicklung gestoppt werden kann.
„Die Konferenz „Behind the Data“ bot wertvolle Einblicke in die Messung von Rassismus, sowohl durch traditionelle Methoden wie Umfragen und experimentelle Forschung als auch durch neuere, computational Ansätze“, betont Prof. Dr. Irena Kogan (Universität Mannheim, Sprecherin RN WinRa-Süd) und hebt hervor: „Die starke internationale Präsenz bereicherte den Austausch um vergleichende Perspektiven. Der Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis unterstrich die praktischen Implikationen der Rassismusforschung. Ein fortgesetzter Dialog ist unerlässlich, um Lösungsansätze und wissenschaftlich evaluierte Best Practices aus unterschiedlichen Bereichen (wie Schule, Arbeitsmarkt oder staatlichen Behörden) sowohl in Deutschland als auch international vertiefend zu besprechen.“
Diskussionsrunden und Postersessions zur Rassismusforschung
Zudem gab es im Rahmen der WinRa-Konferenz 2024 Vortrags- und Postersessions sowie drei spannende Paneldiskussionen zu den Themen. „Measuring Racism“, „Racism Research and Big Data: Possibilities, Pitfalls and Politics" sowie „How to Change the World - Quantitative Racism Research and the Question of Evidence". Die Konferenz verdeutlichte das Potenzial quantitativer Ansätze, die Rassismusforschung auf eine neue Basis zu stellen und gab wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung methodischer Standards in diesem Bereich.
„Ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs der Konferenz war neben den Keynotes die starke Präsenz von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern, die ihre Forschungsarbeiten in unterschiedlichen Formaten präsentierten“, sagt Dr. Aisha-Nusrat Ahmad (DeZIM-Institut, wissenschaftliche Leitung WinRa). Sie betont: „Um die Zukunft der Rassismusforschung nachhaltig zu stärken, ist es entscheidend, gezielt in die Förderung der jungen Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu investieren und tragfähige Strukturen aufzubauen. Eine Möglichkeit dafür bieten etwa Graduiertenkollegs, die jungen Forschenden nicht nur eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung, sondern auch eine starke Vernetzung und den Austausch bieten.“
Das Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa) ist als Verbundprojekt konzipiert. Die Koordination des Netzwerks erfolgt durch das DeZIM-Institut in Berlin. WinRa besteht aus vier Regionalnetzwerken, die an der Bucerius Law School Hamburg/Universität Hamburg (Netzwerk Nord), der Hochschule Magdeburg-Stendal/Humboldt-Universität zu Berlin (Netzwerk Ost), der Universität Mannheim/Universität Bayreuth (Netzwerk Süd) sowie der Universität Bielefeld/Leuphana Universität Lüneburg (Netzwerk West) etabliert sind.
Netzwerkleitung: Dr. Aisha-Nusrat Ahmad / Koordination: Roman Koska Aslan Laufzeit: 01/2023 – 12/2027
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